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Therme Schleswig

Presse Gesundheits-Therme Schleswig


Schleswiger Nachrichten 22. Januar 2009

Gesundheits-Therme: Kosten für die Stadt viel höher als erwartet

Die Gesundheitstherme auf der Freiheit würde die Stadt Schleswig weitaus mehr belasten als bisher angenommen. Dies geht aus dem vertraulichen Wirtschaftlichkeitsgutachten hervor, dessen Entwurf die Stadt am Dienstag allen Ratsmitgliedern zugeschickt hat. Berechnet auf einen Zeitraum von 30 Jahren, liegt der "kumulierte Zuschussbedarf" je nach Betriebsmodell zwischen 68,4 und 73,1 Millionen Euro. Und: Will die Stadt sparen, muss sie die Schwimmhalle und die Sauna an der Friedrich-Ebert-Straße schließen.

Schleswig

- Wie ein Damoklesschwert schwebte das vertrauliche Wirtschaftlichkeitsgutachten zur geplanten Gesundheitstherme seit Wochen über den Köpfen der Schleswiger Politiker. Wer hat sich letztlich mehr fürchten müssen? Die Befürworter oder die Gegner des Projekts? Seit dieser Woche steht zumindest fest: Die Befürworter einer Therme, so heißt es aus der Politik, würden es jetzt schwer haben, ihr Projekt zu verwirklichen - sofern die Stadt dabei eine federführende finanzielle Rolle einnehmen soll. Die Kosten für den Bau und für den Betrieb sind nach den Berechnungen der Gutachter weitaus höher zu veranschlagen, als das bisher geschehen ist - zumal jetzt auch noch ein Parkhaus zu finanzieren ist. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit empfehlen sie zudem, die Schwimmhalle inklusive Sauna an der Friedrich-Ebert-Straße zu schließen und ein Hallenbad an die Therme anzudocken.

Die gravierendste Kostensteigerung: Die aktuellen Baukosten werden jetzt auf 31,3 Millionen Euro netto kalkuliert - ein großer Sprung im Vergleich zu der 2006 verfassten Machbarkeitsstudie, die in den städtischen Gremien als Grundlage für die weitere Entscheidungsfindung diente.

Mit einem Partner wird es günstiger

Damals war von 18 Millionen Euro die Rede, mehr als die Hälfte (9,8 Millionen) sollte das Land übernehmen. Gesamt-Finanzierungszeitraum: 20 Jahre. Schon damals war klar, dass sich eine Therme nicht aus eigener Kraft würde tragen können. Die Option der Politiker: Das bestehende Schwimmbad wird geschlossen, und der dadurch eingesparte Defizitausgleich von 825 000 Euro pro Jahr soll als jährlicher Zuschuss in das Thermenprojekt gepumpt werden.

Allerdings: Nach den Zahlen des neuen Wirtschaftlichkeitsgutachtens der Firma KPMG wird diese Summe bei weitem nicht ausreichen, um das Überleben der Therme zu sichern. Würde die Stadt über ihre Kommunalbetriebe GmbH den Bau und den Betrieb in eigener Hand behalten, müsste sie pro Jahr 1,62 Millionen Euro zuschießen, um die Thermenverluste auszugleichen. Griffe man auf das so genannte PPP-Modell ("Public-private Partnership") zurück und würde ein Unternehmen mit ins Boot holen, läge der jährliche Zuschussbedarf aus der Stadtkasse anfangs bei 1,34 Millionen Euro. Die Gutachter errechneten zudem den kumulierten Gesamtzuschussbedarf an Steuermitteln über die gesamte Betriebszeit der Therme von insgesamt 30 Jahren. Dabei wurden nach betriebswirtschaftlichen Kriterien sämtliche Zuschüsse berücksichtigt, außerdem hat man den Faktor Zinsen einbezogen: Ist ein PPP-Partner mit im Boot, liegt der Zuschussbedarf bei 68,4 Millionen Euro (inklusive Landesmittel). Will die öffentliche Hand das Projekt ohne Partner bewältigen, kostet sie das im Laufe von 30 Jahren 73,1 Millionen Euro.

Aus dem Wirtschaftlichkeitsgutachten wird auch deutlich, dass sich die Verfasser der vor zweieinhalb Jahren vorgestellten Machbarkeitsstudie bei den wesentlichen Stellschrauben des Projekts offenbar verschätzt haben. Nicht nur die Baukosten wurden als zu niedrig angesetzt. Auch bei den Personal- und Betriebskosten war man demnach zu optimistisch.

Personalkosten zu niedrig angesetzt

So war man in der Machbarkeitsstudie davon ausgegangen, dass sich die jährlichen Personalkosten von Therme und Schwimmbad auf 1,02 Millionen Euro belaufen werden. Dabei wurde jedoch nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Mitarbeiter der bestehenden Schwimmhalle nach Tarif bezahlt werden und damit deutlich mehr verdienen als in der Freizeitbranche üblich. Da sie jedoch in die Belegschaft der neuen Therme zu ihrem bestehenden Tarif übernommen werden müssen, ergibt sich dadurch ein neues Kostengefüge, das um 30 Prozent über dem bisherigen Ansatz liegt. Noch gravierender hat man sich bei den Betriebskosten verschätzt. Während die Verfasser der Machbarkeitsstudie von jährlichen Kosten über 470 000 Euro ausgegangen sind, geht das Wirtschaftlichkeitsgutachten von KPMG von 937 000 Euro aus. Allein durch die zusätzlichen Belastungen in Sachen Personal und Betrieb ergeben sich für die Therme Schwimmhalle jährliche Zusatzkosten von fast 800 000 Euro.

Besucherzahl mit Fragezeichen

Was verwundert: Obwohl sich die wesentlichen Daten der Machbarkeitsstudie als fragwürdig oder sogar falsch herausgestellt haben, wurde die in der zweieinhalb Jahre alten Expertise ermittelte Thermen-Besucherzahl (260 000 pro Jahr) ohne detaillierte Prüfung übernommen. Darin liegt ein Risiko, über das sich offenkundig auch die Verfasser des neuen Gutachtens im Klaren sind. Wörtlich heißt es: "Wir halten es daher für dringend erforderlich, dass vor der Realisierung des geplanten Projektes eine fundierte Planung für die Therme erstellt wird, die insbesondere auch eine Überprüfung der Besucherzahlen als eine der wesentlichen Stellgrößen für die Tragfähigkeit des Vorhabens umfasst."

Die Fachleute von KPMG gehen auch in eigener Sache auf Nummer sicher. Sie weisen darauf hin, dass sie keine Verantwortung oder Garantie für die Richtigkeit oder den Eintritt der in der Wirtschaftlichkeitsprognose verwendeten Daten übernehmen.Dirk Jennert


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