Ferienresorts, Erlebnisbäder, Einkaufszentren - eine Millionen-Abzocke?

Carolus Therme Aachen

Presse Carolus Thermen Aachen


Quelle: Aachener Zeitung

Stadt sucht nach den Millionen für die Carolus-Therme

Aachen. "Woher nehmen?" Das fragten sich am Mittwoch Politiker und Verwaltungsbeamte in der Stadt. Mehrere Millionen Mark müssen wohl her, um das prognostizierte Betriebsdefizit der Therme für das laufende Jahr abzudecken.

Werner Schlösser, Geschäftsführer der Kur- und Badegesellschaft, hatte dem Aufsichtsrat am Dienstag eine Rechnung präsentiert, die die Anwesenden nicht nur überraschte, sondern auch deren Atem stocken ließ: Knapp sechs Millionen Mark müsste die Stadt demnach für 2001 zuschießen, weil die Einnahmen des Vorzeigeprojekts deutlich niedriger ausfallen als kalkuliert.

Wenn die KuBa - eine GmbH - nicht Bankrott gehen soll, muss der noch nicht genehmigte Aachener Haushalt als Zuschusstopf herhalten. Genauer: der Verwaltungsetat, aus dem laufende Kosten gedeckt werden. Dort allerdings hat der Rat jede Mark schon dreimal umgedreht.

Sofort wurde der Ruf nach einer Gesellschafterversammlung laut. Dort sitzt neben Aufsichtsratschef Heiner Höfken und Werner Schlösser der Oberbürgermeister als Vertreter der Stadt. Und der meint: "Ich habe mit Herrn Schlösser gesprochen und ihn aufgefordert, bis nächsten Freitag realistische Zahlen für die kommenden Jahre vorzulegen", so Jürgen Linden.

Darauf basierend soll dann ein neuer Wirtschaftsplan aufgestellt werden - und erst dann wolle er sich als OB zu Zahlen äußern. Die Versammlung soll wahrscheinlich übernächste Woche stattfinden.

Ratlos zeigten sich am Mittwoch die Politiker. "Das ist dramatisch", meinte Hans-Dieter Schaffrath (FDP) schockiert. Alle Fraktionen müssten nun an einem Strang ziehen, "absolute Offenheit" sei gefragt. Mit der CDU wolle er auf der Suche nach den fehlenden Millionen "noch einmal über deren Position zum Schülerticket sprechen". Dieses müsse kostendeckend werden. Rettungsansätze, Geldbeschaffungsideen.

Weitere Versuche wurden bereits gestartet: "Wenn wir die 19,5 Millionen Rücklagen bezüglich des Kläranlagen-Prozesses frei machen können, wären wir aus dem Schneider", sagt CDU-Chef Rolf Einmahl.

Die Stadt hatte gegen das Land vor dem Verwaltungsgericht gewonnen. Nun, so Einmahl, habe er dem Ministerpräsidenten geschrieben, er solle auf eine Berufung verzichten. "Dann hätten wir kein Füllhorn, aber die jetzt im Raum stehende Summe bei der Therme könnte bezahlt werden", meint Einmahl. Und: "Irgendwie werden wir das schon schaffen, auch wenn es schwer wird."

Vor allem müsse die Therme voran gebracht werden, jeder Besucher vermindere schließlich das Defizit. Schlechtes Image sei deshalb verheerend. Aber: Mittlerweile sind bundesweit Medien über den Bund der Steuerzahler auf die Sache aufmerksam geworden - darunter renommierte Fernseh-Politmagazine.

KuBa-Aufsichtsratschef Heiner Höfken (SPD) bezeichnete am Mittwoch die neuen Berechnungen als "pessimistisch angelegt". Sie gingen von wegbrechenden Besucherzahlen im Sommer aus. Höfken nannte keine konkreten Zahlen, sprach seinerseits von "deutlich erhöhtem Zuschussbedarf".

Bisher stehen im städtischen Etat 1,7 Millionen Mark für die KuBa, 1,4 Millionen davon für die Therme. Nach zwei, drei Jahren sollte sich laut Gutachten von 1993 (!) der Betrieb selbst tragen. Wie genau ein neuer Wirtschaftsplan nun aussehen muss, solle laut Höfken die Gesellschafterversammlung entscheiden.

Höfken rechnet unterdessen damit, dass sich der Zuschuss dauerhaft auf "anderthalb bis zweieinhalb Millionen" einpendeln wird. Das müsse, so Höfken, "die Therme der Stadt auch Wert sein".

Recht behalten haben mit ihren Vermutungen die Grünen - doch sie können sich darüber nicht freuen: "Die Therme ist toll, aber sie ist überdimensioniert. Manchmal ist es bitter, richtig gelegen zu haben", sagt Finanz-Fachfrau Margret Ortstein. Jetzt sei nicht nur der GAU für die Therme, sondern auch für den städtischen Haushalt eingetreten.

Ortstein und Fraktionssprecherin Hilde Scheidt unisono: "Wir haben uns bei der Etatberatung um lächerliche Summen wie 500 Mark gestritten. Für die Wege gegen das Vergessen gibt es nicht genug Geld. Das ist ja alles ein Hohn. Dafür muss die ganze Stadt herhalten."

Wo man die Millionen abknapsen könnte, ist den Grünen ebenso ein Rätsel wie dem SPD-Finanzexperten Claus Haase: "Ich habe wirklich keine Ahnung. Vielleicht muss man die Parkgebühren wieder anheben."

Anstelle des Regierungspräsidenten würde er, so Haase, der Stadt erst einmal ihren Haushalt zurückschicken: "Damit die Zahlen geordnet werden". Das wäre vor allem ein Desaster für Kämmerer Joachim Witt. Er soll jetzt Deckungsvorschläge machen.
Stephan Mohne, 09.05.2001


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