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City-Center Görlitz

Presse City-Center Görlitz


Sächsische Zeitung, 13.10.00

Historische Bausubstanz

Keine Chance für das Görlitzer Wilhelmstheater

Abriss trotz deutschlandweiter Proteste - City-Center hat Vorrang - Stadt fürchtet um ihr Image

Von Silvia Stengel

"Rettet Görlitz!" Das bekommen die Stadtväter jetzt mehrmals täglich zu lesen, wenn die Post eintrifft. Es steht auf Karten aus ganz Deutschland, mit denen gegen den Abriss des Wilhelmstheaters protestiert wird. Baubürgermeister Jörg-Peter Thoms lässt sich davon nicht beirren. In den nächsten Tagen wird der Abriss genehmigt.

50-Millionen-Projekt und Stadtbelebung gehen vor

Der Bau des City-Centers geht vor. 50 Millionen Mark wird der Konsum-Tempel samt Parkhaus kosten, der die Innenstadt beleben soll. Solche finanzkräftigen Firmen wie die Blank-Gruppe aus Forchheim klopfen nicht alle Tage an die Tür des Rathauses. Da ist der Abriss historischer Bausubstanz das kleinere Übel. Das meint auch die Mehrheit des Stadtrates. Das einstige Theater, das zu DDR-Zeiten Karl-Marx-Kulturhaus war und zuletzt das Technische Kaufhaus von Karstadt, hat in den letzten Jahren kaum jemanden interessiert. Inzwischen gibt es zwar etliche Ideen für ein City-Center unter Einbeziehung des Wilhelmstheaters. Aber dazu würde es keinen millionenschweren Investor geben. Sagt jedenfalls die Stadt. Ein weiteres Argument, dass der jetzt vorgesehene Glas-Beton-Stahl-Bau nicht ins Stadtbild passt, hört der Baubürgermeister auch nicht so gern. Immerhin habe sich ein Architekt damit beschäftigt. Auch seien die ersten Entwürfe überarbeitet worden. Was die Stadtväter sauer macht: Jetzt, wo eigentlich alles entschieden ist, schlagen die Denkmalschützer so massiv Alarm. Die Gesellschaft Historisches Berlin will noch 8 000 Protest-Postkarten deutschlandweit verschicken. In einem "Offenen Brief" beschweren sich zwei Görlitzer von der "Bürgerinitiative gegen den Abriss" darüber, dass ihre Argumente im Rathaus kein Gehör finden.

Regierungspräsidium hat Abriss angewiesen

Dabei hat die Stadtverwaltung eigentlich keine andere Wahl, wie sich bei einer Nachfrage im Regierungspräsidium Dresden herausstellt. Von dort soll sogar eine Anweisung nach Görlitz gegangen sein, den Abriss zu genehmigen. Der Hintergrund liegt im letzten Jahr. Ausgangspunkt war, dass die Stadt den Abriss verweigert hatte. Darauf ging ein Widerspruch der Blank-Gruppe ein. Das Regierungspräsidium entschied für den Investor. Für das Image von Görlitz sind deutschlandweit organisierte Proteste nicht gerade förderlich, gibt die Stadt zu bedenken. Da findet sich auch manches, das den Denkmalschützern angekreidet wird. So ist das Foto vom Wilhelmstheater auf der Protest-Postkarte über 90 Jahre alt. "Wenn das Gebäude jetzt noch so aussehen würde, wäre niemand auf die Idee gekommen, es wegzureißen", sagt der Baubürgermeister.

Wenn die Zweifler aber recht haben und die Blank-Gruppe nicht so seriös ist wie die Stadt nach ihrer Prüfung meint, könnte auch folgendes eintreten: Das Wilhelmstheater ist abgerissen und das Projekt scheitert. Doch das ist Schwarzmalerei. Hoffentlich.


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