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Kapitalanlagen: Risiko Immobilienfonds

DIE WELT 16. 10. 2000

Anleger-Milliarden im Feuer

Banken und Initiatoren schmieden Sanierungspläne für bedrohte Immobilienfonds

Von Manfred Waldmann

Berlin - 60 bis 70 Mrd. DM haben Anleger in der Hoffnung auf einen Steuerspar-Segen zwischen 1992 und 1999 in geschlossene Immobilienfonds der neuen Länder und Berlins gesteckt. Eine riskante Investition, denn 80 Prozent dieser Unternehmungen laufen nicht planmäßig, rechnet der Anlage-Experte Stefan Loipfinger vor. Jede zehnte Fondsgesellschaft kämpfe gar ums nackte Überleben. Initiatoren und finanzierende Banken schmieden vermehrt Krisenpläne.

Zu teurer Einkauf, zu hohe Mietansätze, schön geredete Prognosen - aus diesen Bausteinen bestehen fast alle Problemimmobilien der Fondsgesellschaften. Dass ihr Vertrieb dennoch funktionierte, erklärt Loipfinger mit einem Satz: "Gier frisst Hirn." Das Erwachen aus den Renditeträumen geschieht sukzessiv: So lange Mietgaranten die Einnahmen der Fondsgesellschaften gewährleisten, ahnt manch ein Anleger gar nicht, wie es wirklich um sein Investment steht.

Hellwach sind inzwischen die Gesellschafter des 1997/98 mit einem Volumen von 287,9 Mio. DM platzierten geschlossenen Immobilienfonds "Berliner Business Center". Wecker war der Geschäftsbericht 1999: "Der erreichte Vermietungsstand mit Einnahmen von zirka 4,2 Mio. DM reicht nicht aus, die prospektierten jährlichen Kosten der Fondsgesellschaft von rund 8,55 Mio. DM auszugleichen." Als "Plansoll" waren für 1999 Mieteinnahmen für den Gebäudekomplex aus Büros, Geschäften und Hotel von 14,41 Mio. DM vorgegeben. Die prospektierte und auch erfüllte Mietausfallgarantie in Höhe von 17 Mio. DM wird laut Geschäftsbericht bis zum Jahresende aufgebraucht sein - höchste Zeit also für ein Sanierungskonzept, über das der Initiator (SLG/ProFonds) und die Kredit gebende Bank (Berliner Bank AG) derzeit verhandeln.

Das ist eine Möglichkeit, einen notleidenden Fonds vor dem Totalabsturz zu bewahren. "Bluten" müssen dabei alle Beteiligten: Im konkreten Fall soll die Bank die Tilgung zeitweise aussetzen und Zinsverzicht üben; die Verkäuferin der Fondsimmobilie, die Berliner Bauwert GmbH, soll einen Teil des als zu hoch erachteten Kaufpreises zurück erstatten, die Anleger werden mit bescheideneren als den versprochenen 5,5 Prozent Ausschüttung leben müssen. Im diesem Berliner Fall dürfte sich das Volumen des Sanierungspakets auf rund 30 Mio. DM addieren.

Einen anderen Weg zur Rettung eines kränkelnden Fonds ging die Fundus-Gruppe im Fall der "Pyramide" in Marzahn (Fundus Fonds 27): 1997 beschloss die Gesellschafterversammlung angesichts schwacher Vermietungszahlen und entsprechender Einnahmen eine freiwillige Kapitalerhöhung um 30 Mio. DM in vier jährlichen Tranchen, die laut Fundus auch platziert wurden. Der "Lockstoff", der Anleger dazu veranlasst, weiteres Geld in eine offenbar "kranke" Immobilie zu schießen, sind bevorzugte Ausschüttungen und ein viel versprechendes steuerliches Ergebnis.

Derartige Rettungs-Szenarien verschaffen einem notleidenden Fonds erst einmal Luft, um die Zeit bis zu einer besseren Marktlage zu überbrücken. Ob der Zeitgewinn aber ausreicht, um die Anleger noch an die wohltönend verkündeten Ziele einer üppigen Ausschüttung und satter Steuerersparnisse zu bringen, bezweifelt nicht nur Loipfinger: "Selbst wenn beispielsweise der Büromarkt in Berlin explodiert, werden Fondsimmobilien an Problemstandorten davon nicht in dem Maße profitieren, das nötig wäre, um die einst verkündeten Ziele zu erreichen." Büromarktanalysen Berliner Makler unterstreichen diese Einschätzung: Auf Randlagen wie Marzahn wirkten sich die ansteigenden Vermietungsquoten bisher nicht aus, heißt es. Wer so weit abseits der Innenstadtbezirke miete, zahle niemals die Preise, mit denen die Fondsgesellschaften ihre Prognosen unterfüttert hatten. Selbst Fundus gesteht ein, dass der Bau der Marzahner Büro-"Pyramide" einer der Irrtümer war, die von der irrationalen nachwendigen Berlin-Euphorie angeheizt wurden und von denen nicht nur das Kölner Fonds-Haus infiziert wurde.

Immerhin: Dort wo Fondsgesellschaften aktives Krisenmanagement betreiben, kommen Anleger noch mit einem blauen Auge davon. Im "Worst Case", der totalen Pleite eines steuerorientierten Ost-Fonds, ist nämlich nicht nur das Anlagekapital verloren; dann kommt höchstwahrscheinlich auch noch der Fiskus und verlangt die gewährten Steuervorteile zurück.