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Bodensee-Therme Überlingen

Südkurier 27.05.2000

Aufwändiges Stangengerüst trägt Offenheit

Stadt bemüht sich, den Therme-Baukörper für jedermann im Detail nachvollziehbar zu machen

Überlingen

Die geplante Bodenseetherme wird imposante Ausmaße haben. Davon können sich Befürworter und Gegner seit gestern auf dem Westbadgelände anhand eines mit großem Aufwand erstellten Stangengerüstes überzeugen. Die Dimensionen kommentierte Baubürgermeister Volkmar Weber: "Wir wollen schon was unterbringen." Gleichzeitig beschrieben er und weitere Fachleute bei der Erläuterung des Gerüstes vor Pressevertretern, wie sich die Therme mit den drei dominierenden Glaskuben als transparenter Bau in die Landschaft einfügt. Mit dem Stangengerüst und der parallel vorgestellten Infobroschüre zum Bauvorhaben setzt die Stadt auf umfassende Erläuterung. Weber: "Mir geht es um eine ehrliche, aufrichtige Information · wir haben gar nichts zu verbergen."

VON SÜDKURIER-REDAKTEUR MARTIN BAUR

"Jetzt sieht man mal, was wird", meinte Weber. Und das Gerüst gibt ihm Recht. Die Stangen sind jeweils an den höchsten Punkten des Baus aufgestellt. Verschiedenfarbige Trassierbänder in Firsthöhe verdeutlichen die Dimensionen: rot-weiß für den eigentlichen Bau, blau für die Glaskuben. Jede Stange trägt eine Nummer, die sich auf einem für jedermann als Kopie vorrätigen Lageplan wiederfindet. Kurz gesagt: Eine klar verständliche Erläuterung.

Auf die offene Information setzt Weber, um die Therme angesichts eines wahrscheinlichen Bürgerentscheids in der Meinung der Bevölkerung positiv zu verankern. Es sei klar: "Wenn wir ein attraktives Bad wollen, hat es auch eine entsprechende Gebäudemasse; uns ist es wichtig, dass es sich in die Landschaft einpasst."

Im Sinne der Offenheit sei die abgeschlossene Planung gestern als kompletter Zeichnungssatz auch an den "Bürgersinn" gegangen, in dem sich die Gegnerschaft als Verein organisiert hat, vermerkte Weber. "Wir haben nichts zu verheimlichen, denn wir sind der Meinung, dass wir ein attraktives Bad schaffen für die Überlinger Bevölkerung, das Umland und unsere Gäste." Dies den Bürgern im Detail zu vermitteln, ist auch die Aufgabe der Infobroschüre, die gestern zusammen mit dem Stangengerüst vorgestellt wurde (siehe Infokasten).

Wie intensiv die Bad-Planung bemüht ist, sich harmonisch in die bestehende Landschaft mit den alten Bäumen einzuschmiegen, beschrieben vor Ort Alexandra Hartung vom Landschaftsplanungsbüro Senner und Stadtgärtner Thomas Vogler. Hartung referierte sachlich die Planungsgrundlage, die im Dialog zwischen ihrem Büro und dem Münchner Bauplaner Prof. Wienands zentral stand: Nämlich so viel Liegewiese und so viele Solitärbäume wie möglich zu erhalten.

Vogler als kritscher Hüter städtischer Natur war voll des Lobes über Wienands: "Er kämpft um jeden Baum." Sogar mehr, als botanische Fachleute für sinnvoll erachten. Wienands etwa wollte unbedingt den efeubewachsenen, riesigen und skurril gewachsenen japanische Schnurbaum zwischen heutigem Westbad und Surfschule erhalten. Doch der wegen der Thermeplanung zugezogene unabhängige Baumgutachter aus Konstanz fällte den Schnurbaum schon in Gedanken: Er ist derart geschädigt, dass er so bald wie möglich weg werden muss · unabhängig von allen Bauvorhaben. Ingesamt tangiert der Therme-Körper nur wenige große Bäume. Ob die übrigen einen Bau aber überleben, hängt davon ab, ob während der eigentlichen Bauarbeiten ihre Wurzeln verletzt werden: "Wichtig ist der Baumschutz während des Baus, da ist vor allem die Bauleitung gefragt."

Während der Begehung informierte Weber auch über einen neuen Planasatz bezüglich des stadteigenen "Hauses Wagner", jener Villa oberhalb der Surfschule. Sie wird nun der Therme nicht mehr weichen müssen. Nur die vorgebaute Loggia wird entfernt und der restliche Bau soll einer "bad-orientierten Nutzung" zur Verfügung stehen.

Gestern und heute haben die Bürger Gelegenheit, sich das Stangengerüst erklären zu lassen (siehe Infokasten). Am Montagabend wird der gesamte Gemeinderat sich mit der "Ausstangung" befassen · übrigens auch vom See aus. Wie es dann weitergeht? Am 15. Juni steht die große Bürgerversammlung an, am 5. Juli entscheidet der Wirtschaftsausschuss in Stuttgart endgültig über den Zuschuss von fünf Millionen Mark und am 12. Juli das Regierungspräsidium über einen Zuschuss aus dem "Ausgleichsstock". Stimmt die Bevölkerung bei einem wahrscheinlichen Bürgerentscheid im frühen Herbst zu, könnte laut Weber "Ende 2001" Baubeginn sein, der erste Sprung ins Wasser wäre dann zum Jahresende 2003/2004 möglich.

Weitere Infos der Stadt zur Therme unter:

www.bodenseetherme.de

www.ueberlingen.de/buergerinfo