Ferienresorts, Erlebnisbäder, Einkaufszentren - eine Millionen-Abzocke?

Bodensee-Therme Überlingen

Südkurier 26.05.2000

Ruft der Rat selbst zum Bürgerentscheid?

Gremium steuert gemeinsamen Weg an

Überlingen

In der Frage des geplanten Hallenbades kommt es aller Voraussicht nach zu einem Bürgerentscheid. Allerdings soll er nicht auf Initiative der Therme-Gegner zustande kommen · vielmehr wollen die pro Bad eingestellten Gemeinderatsfraktionen selbst den Bürger zur Abstimmung an die Urne rufen.

VON SÜDKURIER-REDAKTEUR WILHELM LEBERER

Den ersten Schritt zu einem möglichen Bürgerentscheid unternahm der Fraktionsvorsitzende der CDU, Lothar Fritz. Er brachte am Ende der öffentlichen Sitzung des Gemeinderates am Mittwochabend einen von allen Fraktionen unterzeichneten Antrag bei der Stadtverwaltung ein, das Thema "Bürgerentscheid zum Hallenbad" auf die Tagesordnung der nächsten öffentlichen Sitzung zu setzen. Einigkeit herrscht also in dieser Frage unter den Fraktionen.

Mit dem als sensationell zu wertenden gemeinsamen Antrag wurde auch eine Trendwende im Gesamtgemeinderat eingeleitet, nachdem sich bisher die Mehrheit entschieden gegen einen Bürgerentscheid stellte. Nur die Fraktion der LBU hatte in den letzten Monaten das Votum durch die Bürger gefordert. Im vergangenen Jahr war ein Bürgerentscheid von der Ratsmehrheit abgelehnt worden.

"Wir wollen jetzt einmal darüber diskutieren", erläuterte Fritz die Trendwende auf Nachfrage des SÜDKURIER. Ob es dann tatsächlich auch zu einem Mehrheitsbeschluss im Gemeinderat kommt, ließ er allerdings offen.

Seit sich vor allem die Gegner des auf 30 Millionen Mark festgesetzten Bades in dem neugegründeten Verein "Bürgersinn" formierten, wird die Wahrscheinlichkeit immer größer, dass die für die Erzwingung eines Bürgerentscheides notwendigen 2000 Unterschriften zusammenkommen. Dem will der Gemeinderat offensichtlich zuvorkommen. Fritz glaubt, dass eine Mehrheit zustande kommt, nachdem von allen Fraktionssprechern der Antrag an die Verwaltung unterzeichnet wurde. Er geht davon aus, dass in den Fraktionen über das Thema gesprochen wurde und die Unterzeichnung des Antrages als Signal verstanden wird. Fritz: "Wir im Gemeinderat müssen nach vorne schauen und nicht abwarten, bis die Badgegner die Initiative ergreifen." Der Gemeinderat sollte jetzt in die Offensive gehen.

Der Antrag, zumindest über den Bürgerentscheid zu diskutieren, kommt vor allem der Fraktion der LBU entgegen. Sie fordert schon länger einen Bürgentscheid, während CDU, SPD, FWV, SPD, FDP und ÜfA davon bisher nichts wissen wollten. Der Fraktionssprecher der ÜfA, Lothar Thum: "In Vorbesprechungen hat sich in unserer Fraktion eine Wende ergeben, sonst hätte ich den Antrag ja nicht unterschrieben." Und Stadtrat Raimund Wilhelmi (FDP): "Ich war schon immer für einen Bürgerentscheid, der für das Bad positiv ausgeht." Er sei sich sicher, die Mehrheit der Bürger stehe hinter dem Bad.

Und wie geht es weiter? "Viel Zeit bleibt nicht mehr", sagt CDU-Fraktionssprecher Fritz. Bestimmte Fristen müssten eingehalten werden. Voraussichtlich werde der Gemeinderat am Mittwoch, 14. Juni, über den Bürgerentscheid diskutieren. Sollte er beschlossen werden, kommt für Fritz Sonntag, 17. September, als Termin in Frage, an dem die Bürger dann abstimmen sollten.