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Lagune Cottbus

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Lausitzer Rundschau 19.12.2008

Cottbus stellt Lagune-Chef ein Ultimatum

Cottbus Die Cottbuser Stadtverordneten haben während einer nicht-öffentlichen Sitzung die Verwaltung ermächtigt, mit dem Betreiber des Sport- und Freizeitbades Lagune nachzuverhandeln.

Das Bad hat seit der Eröffnung im Mai rund 500 000 Euro Verlust eingefahren. Eine Reduzierung der Öffnungszeiten und die Abschaffung von Spartarifen, die Lagune-Chef Wolfgang Tober vorgeschlagen hatte, um Kosten zu sparen, lehnte das Stadtparlament ab. Auch gegen eine sofortige Erhöhung des städtischen Zuschusses, die Tober beantragt hatte, sprachen sich die Volksvertreter aus.

Bis zum 31. Dezember haben die Stadtverordneten jetzt Tober eine Frist gesetzt, seine Geschäftszahlen offenzulegen und die Gründe für den Verlust zu erläutern. Das ergaben RUNDSCHAU-Recherchen. Für den Fall, dass der Lagune-Betreiber dem nicht nachkommen sollte, haben sie die Stadtverwaltung befugt, in den Verhandlungen auch über eine Beendigung der Geschäftsbeziehung zu reden.

Seinen Zuschussbedarf begründet Tober mit Besucherzahlen, die deutlich unter den prognostizierten liegen. Mit rund ein Viertel weniger als kalkuliert müsse in diesem Jahr gerechnet werden, heißt es.

Umgesetzt worden ist das Bad als privat-öffentliche Partnerschaft. Tober hat es als Planer projektiert. Seine Sport- und Freizeitbad Cottbus GmbH, die frühere Aqua Vital, hat es nach früheren eigenen Angaben zu einem festen Betrag für eine festgelegte Zeit von der Stadt gepachtet. Bauherr und Investor sei eine Tochter der Commerzbank Leasing, die in die CommerzReal aufgegangen ist. Die habe den 16 Millionen Euro teuren Bau finanziert. Der Stadt gehört das Bad nach 25 Jahren. Dafür zahlt sie jährlich insgesamt rund 1,2 Millionen Euro für Zins und Tilgung sowie einen Betriebskostenzuschuss für das Schul- und Vereinsschwimmen.

Einer der schärfsten Kritiker dieses Modells war damals der SPD-Fraktionschef Reinhard Drogla. Er zweifelte die Betriebskostenkalkulation und die einkalkulierten Besucherzahlen an. Dabei bezog er sich auf Tobers Referenzprojekt in Ribnitz-Damgarten, bei dem die Stadt nach dem Bau hatte deutlich höhere Zuschüsse zahlen müssen, weil weniger Gäste als angenommen kamen.

Hans-Joachim Weißflog (Bündnis 90/Grüne) hatte damals ebenfalls als einer der wenigen gegen das Projekt gestimmt, "weil uns als Fraktion der Ansatz insbesondere bei den Sauna-Besucherzahlen mit, wenn ich mich richtig erinnere, rund 80 000 Gästen zu hoch erschien". Ihm sei klar gewesen, dass das Projekt betriebswirtschaftlich nicht aufgehen könne, wenn mit zu hoch angesetzten Besucherzahlen kalkuliert werde, sagt er. "Dass dann auch der Zuschussbedarf höher als veranschlagt ist, ergibt sich zwangsläufig daraus."

Die aktuelle Situation hält Weißflog für bedauerlich. "Jetzt müssen sich Stadt, Betreiber und Stadtverordnete an einen Tisch setzen und schnellstens eine tragfähige Lösung finden", sagt er. "Mir ist ganz wichtig, dass das Schulschwimmen und der Vereinssport in der Halle erhalten bleiben."

Jörg Schnapke (CDU) ärgert sich noch heute über seine Parlamentskollegen. Die von Tober vorgelegten Prognosen seien "völliger Unsinn" gewesen, sagt er. "Dennoch ist das ganze Betriebskonzept damals nicht ordentlich geprüft worden." Dabei habe sich Bernd Koch, der das städtische Schwimmbad Splash damals betrieben hatte, sogar selbst angeboten, beratend zur Seite zu stehen. "Dem ist aber einfach die Rathaus-Tür vor der Nase zugeschlagen worden", sagt Schnapke, der sich bei der Abstimmung der Stimme enthalten hatte.

Auch diesmal hält Schnapke von dem Vorgehen der Stadt wenig. Dass die Stadtverordneten die Verwaltung ermächtigt haben, den Vertrag mit Tober zu kündigen, sollte der nicht bis zum 31. Dezember nicht alle Fakten auf den Tisch legen, sei falsch. Das erinnere ihn an das Stadthallen-Desaster, sagt er.

Auch damals sei ohne Nachverhandlungen der Vertrag mit Pegel & Sohn und ABB von der Stadt aufgelöst worden - mit der Folge, dass sie anschließend Millionen Euro Schadenersatz habe zahlen müssen.

"Wir mussten uns damals wegen des öffentlichen Drucks nach Schließung der Schwimmhalle mit den 50-Meter-Bahnen und weil es keine öffentlichen Fördergelder dafür gab, für ein privat finanziertes Modell entscheiden", sagt Linke-Fraktionschef André Kaun. "Tobers war das beste und günstigste." Wichtig sei nun, dass das Bad keinen einzigen Tag geschlossen werde. "Das haben die Bürger nicht verdient." Welche Lösung gefunden werde, entscheide sich im Januar.

Als FDP-Fraktionschef hatte Matthias Schulze das Projekt damals ebenfalls gutgeheißen. Die Verwaltung habe Tober als den besten Anbieter präsentiert, so Schulze, der inzwischen stellvertretender Fraktionschef CDU/FDP/FLC ist. Es sei jetzt bislang nur beschlossen worden, dass mit Tober verhandelt werde. Ob und in welcher Höhe ein zusätzlicher Zuschuss gewährt werde, sei offen.

Grundsätzlich lehne er einen Zuschuss nicht ab. "Nur muss der Betreiber uns erst nachvollziehbar seine Kalkulation darlegen und seine Vorstellungen aufzeigen, wie er künftig besser wirtschaften kann." Jetzt nach einem anderen Betreiber zu rufen, sei nicht die Lösung. "Die Frage ist doch: Wird es mit einem anderen besser?"

"Das ganz große Manko ist, dass niemand genau weiß, wie die Verträge aussehen", sagt Marion Hadzik, CDU/FDP/Frauenliste-Fraktionschefin in der Cottbuser Stadtverordnetenversammlung. "Wir als ehrenamtliche Politiker können ganz einfach nicht das Detailwissen haben und müssen uns deshalb auch auf bestimmte Angaben verlassen können." Sie selbst hätte zum Beispiel nicht geglaubt, dass das Ziel - 180 000 Besucher im Jahr zu bekommen - nicht erreicht werden könnte. "Rein statistisch müsste dazu ja nur jeder Cottbuser zweimal im Jahr das Bad nutzen. Das habe ich für realistisch gehalten." Gestärkt worden sei sie in dieser Annahme von gelegentlichen Besuchen im Bad in Lübbenau. "Dort waren die Parkplätze immer voll", so Marion Hadzik.

"Die Betreibergesellschaft ist in der Pflicht, gegenzusteuern, wenn es bestimmte Anzeichen gibt", sagt der heutige SPD-Fraktionschef Werner Schaaf. Das könne nicht Aufgabe der Stadtverordneten sein. "Was wir als Kommunalpolitiker machen konnten, haben wir im Vorfeld auch getan", erklärt Schaaf. So seien zum Beispiel Auflagen erteilt worden. "Ob sich in den vergangenen Jahren die Badekultur in der Stadt verändert hat, kann ich nicht sagen", so Schaaf. Die Stadtverordneten hätten die Verwaltung jetzt legitimiert, "beim Betreiber mal richtig auf den Tisch zu hauen".

"Einige Probleme sind hausgemacht", sagt indes AUB-Fraktionschef Torsten Kaps. So vermisse er in der Lagune eine "Wohlfühlatmosphäre". Das fange bei den Luft- und Wassertemperaturen an und höre bei der Ausgestaltung mit Grünpflanzen auf. "Deshalb glaube ich auch nicht, dass wir ein Preisproblem haben", sagt Kaps. Der Badbesucher sei durchaus bereit, für ein ansprechendes Ambiente auch etwas mehr Geld hinzulegen. "Der Gegenwert muss stimmen, das ist wichtig", so Kaps.

In seiner Funktion als Stadtverordneter habe er dreimal das Gespräch mit dem Lagune-Betreiber gesucht und habe vor Ort Anregungen gegeben. Vorschläge, die Eintrittspreise zu senken oder auch die Öffnungszeiten einzuschränken, hält der AUB-Fraktionschef "für kontraproduktiv". Stattdessen fordert er vom Betreiber ein klares Konzept für den Weg aus der Krise. "Und das kann nicht nur darin bestehen, dass er mehr Zuschüsse verlangt", so Kaps.

Jürgen Becker, Sven Hering und Sybille von Danckelman/nm


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