Ferienresorts, Erlebnisbäder, Einkaufszentren - eine Millionen-Abzocke?

Lagune Cottbus

Presse Lagune Cottbus


Lausitzer Rundschau 28.01.2009

Steht Cottbuser Lagune vor der Insolvenz?

Cottbus. Die Stadt Cottbus und Betreiber Wolfgang Tober pokern derzeit um die Zukunft des Sport- und Freizeitbades Lagune. Eine Krisensitzung jagt die nächste. Tober fordert von der Stadt eine mindestens sechstellige Erhöhung des Zuschusses. Sonst drohe die Pleite (die RUNDSCHAU berichtete). Doch unter den Stadtverordneten zeichnet sich eine Mehrheit ab, die eine sofortige Liquiditätsspritze ablehnt.

Für Beobachter spielen beide Seiten auf Zeit: Im Hintergrund hängt ein dickes Vertragswerk wie ein Damaklos-Schwert über beiden Parteien. Wer in diesem Poker eine falsche Karte spiele, laufe Gefahr, sich wegen Vertragsbruches Regressforderungen in Millionen-Höhe auszusetzen, sagen Insider, die namentlich nicht genannt werden wollen.

Klar geregelt ist nach RUNDSCHAU-Informationen, dass Bad-Betreiber Tober von der Stadt pauschal rund 100 000 Euro für den Schul- und Vereinssport erhält. Diese Summe soll dem Vernehmen nach auf Jahre vertraglich festgeschrieben sein. Im Gegenzug übernimmt die Stadt 25 Jahre lang Zins und Tilgung für den 16,5-Millionen-Euro-Neubau.

An Pacht zahlt Tober dafür 160 000 Euro im Jahr. Summa sumarum. müsste Tober also 60 000 Euro Gewinnn im Jahr machen, um eine schwarze Null zu schreiben.

In den ersten 20 Monaten hatte Bad-Betreiber Wolfgang Tober aber 500 000 Euro Verlust eingefahren. Die hat er ausgeglichen durch sein eigenes Geld, das er als Vertragserfüllungsbürgschaft hinterlegt und das die Stadt nach Gesprächen mit ihm dafür freigegeben hatte. In finanziellen Schwierigkeiten steckt die Lagune, weil die kalkulierten Besucherzahlen nicht erreicht worden sind. Nach früheren eigenen Angaben braucht Tober rund 180 000 zahlende Gäste, um kostendeckend zu arbeiten. Im vergangenen Jahr waren es nach RUNDSCHAU-Informationen nur etwa 155 0000. Geplante Gehaltskürzungen sind vor dem Gericht gescheitert.

Tober: "Ich hoffe, dass die Stadt einen Betrag x zur Verfügung stellt." Über einen Verkauf der Betreiberfirma oder einen Insolvenzantrag wolle er derzeit gar nicht nachdenken. "Die Verluste haben sich inzwischen verringert." Er habe eine Marketing-Offensive in die Wege geleitet, um mehr Gäste ins Bad zu locken. "Das macht niemand, der das Handtuch werfen will."

Lagune-Betriebsrat fordert Erhöhung städtischer Zuschüsse.

Der Betriebsrat des Sport- und Freizeitbades fordert eine Aufstockung der städtischen Zuschüsse an den Lagune-Betreiber für das Schul- und Vereinsschwimmen auf 400 000 bis 450 000 Euro pro Jahr. Die derzeitige Vergütung in Höhe von 1,26 Euro pro Nutzung im Jahr decke die Kosten nicht. Es gebe aber keine Einsparmöglichkeiten, weder bei den Sach- noch bei den Personalkosten. Eine Stellenreduzierung gefährde den Bad-Betrieb. Für das bisherige Minus seien allein die zu geringen Besucherzahlen verantwortlich. Das liege insbesondere an den zu hohen Eintrittspreisen. Der Betriebsrat steht nach eigenen Angaben einer Kommunalisierung der Lagune offen gegenüber, "wenn die bestehenden Arbeitsverhältnisse dadurch nicht gefährdet werden und ein einvernehmlicher Betreiberwechsel vereinbart wird". Die Stadt Cottbus hat jetzt drei Optionen, mit der finanziellen Schieflage der Lagune umzugehen. In einer Übersicht erläutert die RUNDSCHAU die Folgen und Risiken.

Sollten sich die Besucherzahlen nicht erhöhen, benötigt der Lagune-Betreiber nach RUNDSCHAU-Schätzungen in diesem Jahr zur Fortsetzung des Betriebs rund 250 000 Euro Betriebskostenzuschuss von der Stadt. Gleicht die Stadt dieses Minus des Bad-Betreibers ohne Gegenleistung aus, übernimmt sie dessen volles unternehmerische Risiko. Einen Anreiz, Kosten zu sparen oder die Einnahmen über höhere Besucherzahlen zu erzielen, schafft sie dadurch nicht. Weiteres Risiko: Da Betreiber Wolfgang Tober bislang keine testierten Abschlüsse für die Jahre 2007 und 2008 vorgelegt hat, kennt die Stadt den Zuschussbedarf der Höhe und dem Grunde nach nur vom Hörensagen. Das Geld, das Tober als Vertragserfüllungsbürgschaft hinterlegt hatte, ist verbraucht. Um ihn in die unternehmerische Pflicht zu nehmen, könnte die Stadt Tober verpflichten, mit seinem eigenen Geld diese Bürgschaft in Höhe des höheren Zuschusses wieder aufzufüllen.

Droht der Lagune die Insolvenz?

Erhöht die Stadt den Zuschuss an den Betreiber nicht, droht nach dessen eigenen Angaben die Insolvenz. In diesem Fall würde zunächst ein vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt. Dessen Hauptaufgabe werde sein, alles Mögliche zu unternehmen, um die Fortführung des Betriebs zu gewährleisten, erläutert Amtsgerichtsdirektor Wolfgang Rupieper. Werde ein "schwacher" Insolvenzverwalter bestellt, kontrolliere der den Geschäftsführer. Ein "starker" trete indes in alle Rechte und Pflichten des Geschäftsführers ein. "Ein Insolvenzverwalter wird abklopfen, wo Kosten gesenkt und Einnahmen erhöht werden können", erläutert Rupieper. Regelungen des Kündigungsschutzes seien unter diesen Umständen aufgeweicht. "Es gibt in diesem Fall auch die Möglichkeit, drei Monate lang die Personalkosten über das Arbeitsamt finanzieren zu lassen und so Kosten zu senken." Der Insolvenzverwalter dürfe zudem über Verträge oder Dauerschuldverhältnisse neu verhandeln. Der Vorteil: Alle Zahlen und Fakten lägen für die Stadt auf dem Tisch.

Die Stadt könnte dem Betreiber dessen Firma abkaufen. Da keine testierten Abschlüsse vorliegen, kennt sie die Verbindlichkeiten, die Außenstände, die vertraglichen Bindungen und die Aufwands- und Ertragslage nicht. Zudem stellt sich die Frage nach der Gewährleistung. Der Betreiber hat bislang keine Istandhaltungsrücklage gebildet. Das müsste die Stadt auf eigene Rechnung tun. Sie müsste das Bad zudem selbst betreiben oder sich einen neuen Betreiber suchen.

Eine Analyse von Jürgen Becker


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