Ferienresorts, Erlebnisbäder, Einkaufszentren - eine Millionen-Abzocke?

CampusBad Flensburg

shz.de 06.04. 2008

Bäder-Kannibalismus an der Förde

6. April 2008 | Von Anja Werner

Das neue Flensburger Hallenbad droht der Fördeland Therme in Glücksburg das Wasser abzugraben. Entgegen aller Zusagen wollen auch die Flensburger kein Sport-, sondern ein Spaßbad bauen.

"Für Glücksburg ist diese Entscheidung fatal." Der Glückburger Verwaltungschef John Witt kann immer noch nicht fassen, für welchen Hallenbad-Bauplan sich das benachbarte Flensburg kürzlich entschieden hat. "Wir sind bewusst dumm gehalten worden. Bis zur Entscheidung wussten wir nicht, dass auch in Flensburg ein Spaßbad gebaut werden soll", sagt Witt mit sorgenvollem Blick auf die Glücksburger Fördeland Therme.

Dieses Erlebnisbad, das das Land mit 7,1 Millionen Euro gefördert hat, wurde vor einem Jahr als touristisches Leuchtturm-Projekt für die Tourismusregion Flensburger Förde eröffnet. Eine Konkurrenz sollte es im Umkreis von mindestens 30 Kilometern nicht geben - das wurde auch von der Politik und Verwaltung im zehn Kilometer entfernten Flensburg betont, besonders mit Blick auf die Verwaltungs-Ehe, die die beiden Städte zum 1. Januar 2008 geschlossen haben. Diese steckt nun durch den drohenden Bäder-Kannibalismus in einer tiefen Krise. "Das Vertrauen ist verspielt", betonte Johannes Petersen, Präsident des Kreises Schleswig-Flensburg, der sich über die Flensburger Spaßbad-Pläne ebenfalls verschnupft zeigt. Mit gutem Grund: Geht die Fördeland Therme baden, tragen Glücksburg und der Kreis die größte Last der Risiko-Finanzierung.

Entspannungsbecken und Wildbach statt Sportbad

Ein Sportbad auf dem Campus als Ersatz des alten, sanierungsbedürftigen Flensburger Hallenbads - dieser Kurs wurde von Glücksburg und dem Kreis voll mitgetragen. Doch die Vorstellung der Pläne des Investors Commerz Real, einer Tochter der Commerzbank, ließen keinen Zweifel - ein Sportbad wird in Flensburg nicht gebaut: Entspannungsbecken mit Wildbach, Whirl-Liegen, Massagebänken und anderen Spielereien, eine 55 Meter lange Erlebnis-Rutsche, subtropische Saunalandschaft mit Restauration, Bistro-Terrasse und Beauty-Bereich sind noch nicht alle Spaß-Faktoren, die das Flensburger Bad bieten soll. "Wird das gebaut, gibt es statt eines gesunden zwei kranke Erlebnis-Bäder", sagt Witt.

Und deshalb ist jetzt Schluss mit lustig. Erste Maßnahmen gegen das mit Spaß-Elementen gespickte Flensburger Bad sind eingeleitet. "Wir prüfen, welche Interventions-Möglichkeiten es gibt", sagt Peter Dietrich Henningsen, amtierender Landrat des Kreises Schleswig-Flensburg. Die erste Verfahrensrüge einer der ehemals 18 Mitbieter liegt bereits in der Flensburger Rechtsabteilung vor. Auch aus Kiel gab es heftigen Gegenwind für die Bad-Pläne, für die sich der Flensburger Rat jenseits der Öffentlichkeit mehrheitlich entschieden hat. FDP-Landtagsfraktionschef Wolfgang Kubicki bat Innenminister Lothar Hay schriftlich um Stellungnahme, ob das Vergabeverfahren rechtswidrig ist. Hay verneinte dies schriftlich, obwohl die beiden großen Landtags-Fraktionen die Flensburger CDU und SPD vor der Abstimmung genau davor gewarnt haben sollen.

Auch der Landesrechnungshof soll eingeschaltet werden

Auch Glücksburg hat sich jetzt an die Kommunal-Aufsicht des Innenministers gewandt und auch an den Wirtschaftsminister. Mit Blick auf die hohe öffentliche Förderung müsste sich laut Witt auch der Landesrechnungshof für das Flensburger Bad interessieren. "Denn dessen Finanzierungs-Konzept funktioniert nur, wenn das Geld anderer Leute ausgegeben wird", betont Witt. Gemeint ist vor allem der jährliche Zuschuss der Stadt Flensburg von rund 1,5 Millionen Euro. Eine solche Subventionierung gibt es in Glücksburg nicht. Deshalb will auch der empörte privatwirtschaftliche Betreiber der Fördeland Therme, die Stuttgarter Unternehmens-Gruppe Deyle, rechtlich dagegen vorgehen.

Auf Flensburger Seite sieht man sich laut Oberbürgermeister Klaus Tscheuschner sowohl vergaberechtlich als auch konzeptionell auf der sicheren Seite. Ein wenig Spaß müssten die Glücksburger eben verkraften. Diese wollen die Marketing- und Preis-Struktur des Glücksburger Bades verbessern. Eine neue Betriebsleitung wurde schon eingestellt. "Wenn wir keine andere Wahl haben, werden wir uns dem Wettbewerb stellen", sagt Witt.


Zur Firmenübersicht Wolfgang Tober

Bodden-Therme Ribnitz-Damgarten: Thermen-Chef Wolfgang Tober soll Geld zurückzahlen


Presseübersicht Campusbad Flensburg