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Fördeland Therme Glücksburg

Presse Fördeland Therme Glücksburg


Flensburger Tageblatt 12.11.2010

Therme reißt tiefes Loch in Kreisetat

Verluste des Glücksburger Bades in diesem Jahr höher als erwartet / Umverteilung der Lasten gefordert / Flensburg will nicht zahlen

Glücksburg

Die Fördeland-Therme in Glücksburg wird in diesem Jahr einen größeren Verlust erwirtschaften als von Geschäftsführer John Witt Ende August prognostiziert. Aus unserer Zeitung vorliegenden vertraulichen Unterlagen geht hervor, dass das Defizit des laufenden Geschäftsbetriebs bis Endes 2010 eine Höhe von 800 000 Euro erreichen wird. Witt war von 300 000 Euro ausgegangen. Im Schleswiger Kreishaus ist man alarmiert, denn aus dem Kreisetat soll der Löwenanteil des Defizits bezahlt werden.

Die Zahlen aus Glücksburg sorgen im Kreishaus auch deswegen für Unruhe, weil auch für das kommende Jahr rote Zahlen drohen. Das Defizit 2011 soll zwar geringer ausfallen als in diesem Jahr, dies liegt jedoch vor allem daran, dass man die Thermen-Gastronomie auslagern will. Unter dem Strich bleibt für 2011 laut "Erfolgsplan" der Thermen-GmbH bei Erlösen von rund 1,4 Millionen ein Verlust von 547 000 Euro. Nach dem mit Glücksburg vereinbarten Verteilungsschlüssel müsste der Kreis davon 66 Prozent (363 000 Euro) übernehmen, die Stadt Glücksburg elf Prozent (60 000 Euro), die Umlandgemeinden 19 Prozent (104 000 Euro) und die Stadt Flensburg vier Prozent (20 000 Euro).

Und hier zeigt sich das nächste Problem: Mit den Umlandgemeinden war bei den Beratungen über die Verträge zur Defizitdeckung eine Beteiligung vereinbart worden. Diese sollte maximal einen Euro je Einwohner pro Jahr betragen. Aber offenbar hat es die Stadt Glücksburg versäumt, entsprechende Vereinbarungen mit den Gemeinden in eine vertragliche Form zu gießen. Angesichts der zum Teil prekären Finanzsituation in den Gemeinden taucht nun die Frage auf, wer deren Anteil bezahlen soll, wenn sie diesen nicht entrichten wollen. Verpflichtet sind sie mangels Vertrag zu der Zahlung nicht. Nach Angaben von Kreis-Chefcontroller Michael Artus werden über diesen Punkt derzeit Gespräche mit der Stadt Glücksburg darüber geführt. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Thermen-GmbH, Timo Petersen, sieht nach eigenen Angaben "keine Probleme mit den Umlandgemeinden" auf die Stadt zukommen.

Ärger droht den Glücksburgern allerdings mit der Stadt Flensburg, denn sie sieht sich nicht in der Pflicht, ihren vereinbarten Anteil von 20 000 Euro an den Verlusten der Nachbar-Therme zu leisten. Nach Angaben von Stadt-Sprecher Thomas Hansen steht Flensburg auf dem Standpunkt, dass man nur einspringen müsse, sollte der Betreiber der Fördeland-Therme Insolvenz anmelden. Das sei aber nicht der Fall.

Der Verteilungskonflikt zwischen Glücksburg und dem Kreis wird dadurch noch einmal verschärft. Im Kreishaus stellt man sich daher die Frage, ob nicht grundsätzlich neue Regelungen her müssen. Denn man habe die Verträge unter anderen Voraussetzungen geschlossen als jenen, die inzwischen eingetreten seien, heißt es. Die Verträge, nach denen bei derart hohen Defiziten ein Großteil der Glücksburger Lasten vom Kreis zu tragen ist, waren eigentlich als Absicherung gedacht für den – unwahrscheinlichen – Fall, dass der Thermenbetreiber ausfallen sollte. Dass sich Betreiber Deyle schon nach wenigen Jahren in die Büsche schlagen würde und die Defizite derart schwindelerregende Höhen erklimmen würde, damit habe niemand gerechnet.

Beim Kreis jedenfalls verspürt man wenig Neigung, in den kommenden 12,5 Jahren – solange läuft der Vertrag mit Glücksburg noch – den Löwenanteil der Thermenverluste zu tragen. Kreispolitiker gehen noch einen Schritt weiter. Sie sträuben sich dagegen, überhaupt noch Geld in die Fördeland-Therme zu stecken. Sie verweisen darauf, dass der Kreistag umfangreiche Kürzungen im Sozialbereich beschlossen habe. "Man kann nicht den Büchereien die Gelder streichen und gleichzeitig Mittel in ein Prestigeprojekt pumpen", sagt ein Kreistagsabgeordneter, der ungenannt bleiben will.

Ein Streit dürfte sich auch darüber anbahnen, ob trotz der Belastungen Geld in eine Erweiterung des Thermen-Angebots investiert werden soll. Die Thermen-GmbH will nach Aussage des Aufsichtsratsvorsitzenden Timo Petersen den Saunabereich ausbauen, um so mittelfristig mehr Besucher ins Bad zu locken. Denn auch er weiß: Mit den für 2011 geplanten Einsparungen ist das Kostensenkungspotenzial weitgehend ausgereizt, eine Verbesserung der Situation ist nur über höhere Einnahmen möglich. Investitionen in die Therme – das wird von Kreispolitikern rundweg abgelehnt. Am Rande der jüngsten Hauptausschuss-Sitzung im Kreishaus hieß es: "In dieses Fass ohne Boden investieren wir keinen Cent mehr."

Dirk Jennert Hannes Harding


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