Ferienresorts, Erlebnisbäder, Einkaufszentren - eine Millionen-Abzocke?

Keitum Therme

Presse Keitum Therme, Sylt-Ost (Planung: Uwe Deyle)


Quelle: Sylter Rundschau 30. Oktober 2010

Strandgut

Platz eins - dank Träumern, Dummköpfen und Spinnern

Ulrike Bergmann

Das teuerste Pflaster, die beliebteste Urlaubsinsel (liebe Rüganer, auch wenn es weh tut, das ist nun mal so!), der längste Strand und - seit dem vergangenen Sonntag ist Sylt um ein neues Superlativ reicher - die peinlichste Therme! Was zwischen List und Hörnum eigentlich längst jeder weiß, brachte die NDR Satire-Sendung "Extra 3" am Sonntag nochmal auf den Punkt: Die peinlichste Therme - eigentlich wäre der Begriff Nicht-Therme ja passender - Norddeutschlands steht in Keitum.

In Flens- und Glücksburg schickt man sich allerdings an, den Syltern Konkurrenz zu machen. Die dort nur ein paar Kilometer weit von einander entfernt stehenden, leider fertig gebauten Thermen locken halb so viele Besucher an wie prognostiziert, produzieren dafür aber doppelt so hohe Kosten wie befürchtet. Dafür landen sie bei "Extra 3" auf den Peinlich-Plätzen hinter Keitum.

Und während sich hier wie da keiner so richtig traut, zu sagen, was von dem Hang zum Größenwahn und den dafür Verantwortlichen zu halten ist - auf Sylt lief die Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Betrug gerade ins Leere - finden die Fernsehmacher ziemlich deutliche Worte: Alle Politiker, die sich mit dem Projekt beschäftigt haben seien "Träumer, Dummköpfe und Spinner"!

Diese Formulierung ist hart und wird sicher wieder zu bitterbösen Leserbriefen führen. Erst neulich schrieb ein echter Experte, man möge sich in dieser Kolumne doch bitte weniger flapsig ausdrücken und auf Dinge, die Sponsoren verärgern könnten, verzichten. Um ihm weitere Schreibarbeit zu ersparen: Niemand in der Redaktion würde sich der Meinung anschließen, dass alle an der Therme beteiligten Politiker Träumer, Dummköpfe oder Spinner seien - das wäre den machthungrigen Zocken gegenüber ungerecht.

Doch der Thermen-Flop ist nicht die einzige Sylter Pole-Position, die so unerwünscht wie eine Gäste-Anreise während eines Fußball-Länderspiels ist: Laut der Gewerkschaft Verdi beherbergt Sylt - in welchem düsteren Loch auch immer - die unterbezahltesten Krankenschwestern Deutschlands.

Und die Insel hat an diesem Wochenende - dagegen ist die Keitum Therme fast gar nicht mehr peinlich - die beklopptesten Namen für eigentlich gänzlich unbekloppte Sachen beziehungsweise Naturschönheiten: Während eines Cross-Golf-Turniers, heißt ein Strandabschnitt "Allianz-Sunset Beach" (nach dem Versicherungsabschluss geht die Sonne unter), es gibt die Haspa-Austernbänke (wahrscheinlich weil Banker beim Thema Kreditvergabe, Lehman-Zertifikate und ähnlichem so verschlossen wie Austern sind) und Audi will tatsächlich mit so etwas brüchigem wie dem Roten Kliff in Verbindung gebracht werden. Es heißt heute "Audi-Steilküste" und eigentlich fehlt nur noch, dass man mal probiert, wie so ein Auto aussieht, nachdem es selbige runtergeplumpst ist.

Dann rühmen wir uns doch lieber der eierlegenden Woll-Milch-Sau, zu deren Zucht Bürgervorsteher Dirk Ipsen am Donnerstag in der Gemeindevertretersitzung aufrief: Eine der besten Feuerwachen des Landes wolle man bauen - und das so schnell und günstig wie möglich! Wenn das klappt, sind von außen urige kleine Friesenhäuser, die im Inneren Platz für 300 Fünf-Sterne-Hotelzimmer, einen Cross-Golf-Parcours und sieben Sauna-Landschaften bieten, vermutlich auch schon bald keine Illusion mehr.


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