Ferienresorts, Erlebnisbäder, Einkaufszentren - eine Millionen-Abzocke?

Planungen Spaßbad Saarbrücken

Presse Spaßbad in Saarbrücken


Saarbrücker Zeitung 7./8. März 1992

Froschgequake statt Badenixen...

Auch der zweite Spaßbad-Versuch in Saarbrücken scheint gescheitert

Von unserem Redaktionsmitglied BERND HEINRICHS

Wenn Ende nächster Woche der Stuttgarter Architekt Werner Deyle mit dem Saarbrücker Oberbürgermeister Hajo Hoffmann und einem Mitarbeiter des saarländischen Wirtschaftsministers zusammentrifft, ist das wohl der endgültig letzte Versuch, das Millionenprojekt Erlebnisbad am Deutsch-Französischen Garten in der geplanten Form doch noch zu retten. Das vor rund eineinhalb Jahren von einer breiten Stadtratsmehrheit mit reichlich Vorschußlorbeeren bedachte Spaßbad droht Opfer allzu optimistischer Zuschußerwartungen des Investors zu werden.

Die Absage, die Deyle letzte Woche vom Wirtschaftsministerium für seine Förderanträge kassierte, ist nur das bislang letzte Glied in einer Kette von Rückschlägen, die der als Planer und Erbauer zahlreicher olympischer Sportstätten in aller Welt erfolgreiche Schwabe mit seinem Saarbrücker Vorhaben einstecken mußte.
"Nach dem Platzen der Bonner Seifenblase hoffte der Investor auf Landesmittel"

Schon im letzten Jahr, als bekannt wurde, daß die Bundesregierung der Therme an der Saar zumindest vorläufig nicht mit den erhofften knapp zehn Millionen DM aus den Startlöchern helfen würde, glaubten viele Kommunalpolitiker nicht mehr an den Erfolg.

Von Bonn wollte Deyle Geld für den Regenerationsbereich in seinem Projekt, das sich auf die drei Säulen Spaß- und Erlebnisbad, Recreationszentrum und Sauna- Wunderwelt stützen sollte. Als viertes Standbein war der Umbau des benachbarten Park-Hotels in der Diskussion, unter dessen Dach Totochef Alfred Holzwarth in naher Zukunft die Spielbank installieren will. Holzwarth und sein Mitgeschäftsführer Albert Wagner ließen aber nie Zweifel aufkommen, daß das für Deyle sicher äußerst lukrative Hotelgeschäft nur in Verbindung mit dem Bau der Thermenlandschaft zu realisieren sein würde.

Verschiedene Anläufe des Investors, nach der zerplatzten Bonner Finanz-Seifenblase zumindest vom Land Fördermittel in ähnlicher Höhe kassieren zu können, scheiterten nach und nach. Deyles Version, die Verhandlungen mit dem Saarbrücker Wirtschaftsministerium hätten sich durch den Tod des Staatssekretärs Michael Schulz-Trieglaff nur verzögert, wollte Ministeriumssprecher Wolfgang Kerkhoff bereits vor sechs Wochen so nicht stehen lassen. Dem Minister liege schlichtweg kein entscheidungsfähiger Antrag vor; deshalb sei Deyle nochmals aufgefordert worden, prüfbare Unterlagen einzureichen, hieß es damals. Deyles Brief kam dann am 25. Februar in Saarbrücken an. Die Prüfung scheint den Experten wenig Schwierigkeiten bereitet zu haben: Bereits drei Tage später teilte das Ministerium dem Stuttgarter Antragsteller mit, daß sein Konzept den Anforderungen an die Förderkriterien nicht genüge.

Über ein Jahr hatte Werner Deyle Zeit, ein Konzept auf den Tisch zu legen, mehr Zeit als der Saarbrücker Stadtrat ihm eigentlich geben wollte. Die Kommunalpolitiker hatten im September 1990 eine einjährige Option erteilt, um eine Planungs- und eine Finanzierungskonzeption vorzulegen. Weder das eine noch das andere ist bisher im Rathaus angekommen.

Die von den Stadtvätern zunächst relativ knapp bemessene Frist und die später an den Tag gelegte Langmut hinsichtlich der Einhaltung des Termins haben letztlich die gleiche Ursache. Sie heißt Heinz Steinhart und sitzt mittlerweile in der Strafvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim ein, unter anderem verurteilt wegen Veruntreuung von rund 30 Millionen DM, die gutgläubige Anleger ihm für den Bau eines Spaßbads in Saarbrücken zur Verfügung gestellt hatten. Statt riesiger Rendite gab's jedoch nur lange Gesichter. Die Millionen waren verschwunden, das Spaßbad blieb ein Hirngespinst, namhafte saarländische und landeshauptstädtische Politiker machten in dem Steinhart-Skandal keine allzu glückliche Figur. Sowohl Ministerpräsident Oskar Lafontaine als auch Saarbrückens Alt-OB und amtierender Landeszentralbank-Chef Hans-Jürgen Koebnick mußten sich gar in einem Untersuchungsausschuß des Saar-Landtages peinliche Fragen gefallen lassen.

Die Affaire verlief letztlich im Sand, doch in der Saarbrücker Kommunalpolitik blieben Wunden zurück. Nur keine neue Pleite, dachten sich die gewählten Volksvertreter und schauten dem um Ersatzlösungen redlich bemühten damaligen Bürgermeister Helmut Müller genau über die Schulter. Müllers Einsatz für eine aus mehreren Bau- und Investitionsgesellschaften gebildete Saarparkbad-Arbeitsgemeinschaft wurde verworfen, die Ratsfraktionen selbst zauberten den Stuttgarter Werner Deyle aus dem Hut. Seine Vorstellung im zuständigen Ratsausschuß war zweifellos überzeugend, viel überzeugender jedenfalls als die Selbstdarstellung des Mitbewerbers um den Grund und Boden im Deutschmühlental, wo sich vor wenigen Jahren noch die Alt-Saarbrücker für zivile Eintrittspreise in einem städtischen Freibad tummelten.
"Die Stadt-Politiker wollen das Wort Spaßbad schon gar nicht mehr hören"

Das Freibad wurde Opfer der Bagger, Privatbankier Steinhart stolperte über seine illegalen Finanzpraktiken, und der schwäbische Architekt Deyle scheint nun den strengen Kriterien bundesdeutscher Förderrichtlinien zum Opfer zu fallen. Die Stadt-Politiker wollen das Wort Spaßbad schon gar nicht mehr hören. Nichtsdestotrotz hat Koebnicks Nachfolger im OB Sessel, Hajo Hoffmann, offenbar bereits einen dritten Spaßbad-Interessenten in der Hinterhand: Eine große Frankfurter Baugesellschaft soll die Fühler nach Saarbrücken ausgestreckt haben. Unterdessen erfreuen sich die Frösche im Deutschmühlental eines ungestörten Lebens - es werden dort wohl noch einige Froschgenerationen fröhlich quaken, ehe die Spaßbad-Bauer sie zum Auswandern zwingen.


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