Ferienresorts, Erlebnisbäder, Einkaufszentren - eine Millionen-Abzocke?

Planungen Spaßbad Saarbrücken

Presse Spaßbad in Saarbrücken


Saarbrücker Zeitung 29. August 1990

Verantwortung liegt beim Rat: Zwei Bewerber wollen das Spaßbad bauen

Verwaltung geht ohne Empfehlung in die Sitzung des Umweltausschusses

Saarbrücken (hei). Ohne Empfehlung der Verwaltung soll der Hauptausschuß des Stadtrats am morgigen Donnerstag über die Zukunft der Aquadromfläche im Deutschmühlental entscheiden. Zur Abstimmung stehen zwei Optionsvertragsentwürfe, die inhaltlich fast gleich sind. "Die Verwaltung könnte mit beiden Partnern leben", begründet Bürgermeister Helmut Müller im Gespräch mit unserer Zeitung den Verzicht auf eine empfehlende Stellungnahme.

Zur Diskussion stehen zwei Bewerber: Zum einen eine Arbeitsgemeinschaft (ARGE) SF-Bau GmbH, Wiesbaden/Noske Kaeser GmbH, Hamburg, zum anderen die Königstherme Bau- und Betriebsgesellschaft mbH (BBK), vertreten durch den Stuttgarter Architekten Werner Deyle. Beide Interessenten haben sich vorab bereit erklärt, bestimmte Rahmenbedingungen, die aus städteplanerischen Gründen gesetzt worden sind, zu berücksichtigen. Beiden ist von der Verwaltung auch deutlich gemacht worden, daß für eine Anlage in einer Größenordnung von jährlich zwischen 400.000 und 500.000 Besuchern ausreichend Stellplätze für Pkw geschaffen werden müssen. Eine finanzielle Ablösung der Stellplätze kommt für die Stadt nicht zuletzt wegen der räumlichen Nähe zum Messegelände nicht in Frage.

Deyle hat für die BBK ein Konzept vorgelegt, das sechs Hauptbereiche für das Erlebnisbad umfaßt: Ruhige, erholsame, kulturelle Bereiche, aktive Erlebniswelt, kommunikative Restaurationseinrichtungen, große Saunawelt, Freibereiche und ein Regenerationszentrum mit sportmedizinischer Betreuung. Wie sein Mitbewerber sieht Deyle einen eventuellen Hotelbau nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Erlebnisbad. Die zwei Bereiche müßten deshalb als getrennte Investitionen bewertet werden.

Der Stuttgarter Architekt und Mitbewerber der Königsthermen in Königsbrunn bei Augsburg kann auf langjährige Erfahrungen im Freizeitbereich verweisen. Bei ihm wäre von Anfang an klar, daß Investition, Bau und Betrieb der von ihm auf rund 85 Millionen DM geschätzten Anlage letztlich in einer Hand lägen. Somit wäre praktisch ausgeschlossen, daß am Bau auf Kosten des späteren Betreibers gespart würde.

Mit einem Betreiber kann die ARGE hin gegen zur Zeit noch nicht dienen. Sie hat sich zwar bereit erklärt, von den Betreibern der renommierten Caracalla Therme in Baden-Baden ein Betriebskonzept erarbeiten zu lassen, das heißt aber nicht, daß die Saarbrücker Einrichtung später auch von dieser Gesellschaft betrieben würde.

Eine detaillierte planerische Ausgestaltung der Anlage liegt von beiden Bewerbern nicht vor. Sie kann erst erstellt werden, wenn sich der Stadtrat in seiner Sitzung am 11. September endgültig für einen Optionsvertrag mit dem einen oder anderen entschieden hat Die ARGE hat allerdings grundsätzliche Konzeptionen entwickelt, die im wesentlichen auf Entwürfe der Open Air Industriebau Friedrichshafen basieren. "Gag" dieser Vorlage ist ein bewegliches Dach, das je nach Witterungslage einen offenen oder einen Hallenbetrieb ermöglicht Die BBK würde vom Grundsatz her auf die Anlage in Königsbrunn aufbauen, wobei sicherlich eine großzügige kombinierte Freiluft und Hallensauna-Welt besondere Bedeutung hätte. Die Stadtverordneten werden sich die Entscheidung sicher nicht leicht machen, zumal sie zwischen zwei nahezu gleichwertigen Bewerbern wählen müssen und somit anders als im Fall Steinhart von Anfang an voll in die Verantwortung eingebunden sein werden.

Eines steht unabhängig vom Ratsvotum heute schon fest: Ganz gleich wer den Zuschlag bekommt, kleine und mittlere Privatanleger werden nicht Gefahr laufen, ihr mehr oder weniger mühsam erspartes Geld zu verlieren. Keiner der Bewerber hat nämlich die Absicht, die Anlage über einen Immobilienfonds zu finanzieren.


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