Ferienresorts, Erlebnisbäder, Einkaufszentren - eine Millionen-Abzocke?

Therme Schleswig

Presse Gesundheits-Therme Schleswig


Schleswiger Nachrichten 15. Oktober 2010

Der Therme drohen tiefrote Zahlen

Nichtöffentliche Sitzung im Rathaus: Gutachter legen neue Berechnungen vor / "Team Vivendi" stellt erstmals Defizitausgleich in Aussicht

Schleswig

Mit den bisher kalkulierten Besucherzahlen und Eintrittspreisen hätte die geplante Gesundheitstherme auf der Freiheit keine Chance, die Gewinnzone zu erreichen. Dieses Ergebnis präsentierten Gutachter den Ratsmitgliedern auf einer als "Informationsveranstaltung" deklarierten nichtöffentlichen Sitzung am Mittwoch im Ständesaal. Die Experten machten deutlich, dass die selbst vom Wirtschaftsministerium als sehr optimistisch eingeschätzte Besucherzahl von 260 000 pro Jahr erst dann in die Gewinnzone führt, wenn man den Eintrittspreis von bisher kalkulierten 13,50 Euro auf 17 Euro hochschraube. Bliebe der Betreiber jedoch bei 13,50 Euro, müsste er jährlich mehr als 310 000 Besucher begrüßen, um die Gewinnzone zu erreichen. Ferienbedingt und wegen der Kurzfristigkeit der Einladung waren die Reihen der Ratsmitglieder sehr gelichtet. Jeder dritte Politiker fehlte.

Die neuen - vorläufigen - Wirtschaftsdaten sorgten im Rat für lange Gesichter, zumindest in den Reihen der Thermenbefürworter von CDU und SSW. Und die Gutachter legten nach. Sie machten deutlich, welche Ergebnisse zu erwarten seien, wenn die Zahl der Gäste geringer ausfallen würde. Das Wirtschaftsministerium hatte unlängst einen Wert von 190 000 Besuchern als realistisch eingeschätzt. Legt man diese Zahl zugrunde, käme man bei einem Eintrittspreis von 13,50 Euro auf einen Verlust von 1,5 Millionen Euro. Wollte man jedoch mit 190 000 Besuchern in die Gewinnzone kommen, müsste jeder einzelne Gast einen Eintritt von über 21 Euro bezahlen. Ratsmitglieder berichteten, dass in allen Kalkulationen davon ausgegangen werde, dass die Stadt eine jährliche Nutzungsentschädigung von einer halben Million Euro für das an die Therme anzudockende Hallenbad zu entrichten habe.

Die Thermenbefürworter von CDU, SSW und FDP reagierten auf die neuen Daten prompt. Gestern gab es eine Sitzung mit den "Team Vivendi"-Gesellschaftern Susanne Schöning und Volker Schlüschen, dem Eigentümer der früheren Kaserne, die Standort der Therme werden soll. "Vivendi" hatte bisher erklärt, dass man das künftige Thermengrundstück kostenfrei zur Verfügung stellen wolle, ebenso eine komplett hergerichtete Parkplatzanlage. Doch dies wird nicht ausreichen. In einer ersten Reaktion auf die neuen Zahlen habe "Team Vivendi" gestern einen Defizitausgleich für die Therme in Aussicht gestellt, berichtete CDU-Stadtrat Frank Neubauer gegenüber unserer Zeitung. Über die Modalitäten müsse man verhandeln. Schlüschen bestätigte dies, allerdings wolle man die Zahlen der Stadt prüfen dürfen.

Neubauer wiederum machte deutlich, dass sich die CDU keineswegs in ein finanzpolitisches Abenteuer stürzen werde. "Eine Therme wird es ohne Risiko nicht geben, aber das Risiko muss für die Stadt kalkulierbar sein", sagte er, "wir müssen guten Gewissens den Nutzen einer Gesundheitstherme über das Risiko stellen können." Er räumte ein, dass die am Mittwoch präsentierte Wirtschaftlichkeitsberechnung negativ ausgefallen sei.

Für die SPD kommentierte Fraktionschef Karsten Reimer die aktuellen Zahlen: "Wenn wir nicht noch eine weitere Finanzspritze über zehn Millionen Euro auftun, ist das Projekt politisch tot." Die Sozialdemokraten fühlten sich in ihren kritischen Haltung bestätigt. Reimer: "Ich empfehle dringend, das Projekt jetzt schnell zu beenden."

dj


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