Ferienresorts, Erlebnisbäder, Einkaufszentren - eine Millionen-Abzocke?

Therme Schleswig

Presse Gesundheits-Therme Schleswig


Quelle: Schleswiger Nachrichten 15. Mai 2010

Therme: Minister will Fragen klären, CDU macht Druck

Gutachten über Konkurrenzsituation soll im Juni vorliegen

Schleswig

Der Gast aus Kiel wich keinen Millimeter von seiner Marschroute ab - und sagte weder ja noch nein. Ob das Land den Bau einer Therme auf der Freiheit mit bis zu 9,8 Millionen Euro fördern wird, ist nach dem Besuch von Wirtschaftsminister Jost de Jager bei der jüngsten öffentlichen Mitgliederversammlung der CDU weiterhin völlig offen. Fest steht nur, dass sich de Jager bei der zu treffenden Entscheidung nicht auf sein Bauchgefühl, sondern auf die Expertisen von Fachleuten verlassen will. Vor 100 Zuhörern, darunter Mitglieder aller anderen im Rat vertretenen Parteien, hob er in diesem Zusammenhang die Bedeutung des von seinem Hause Ende des vergangenen Jahres angekündigten neuen Gutachtens hervor. Dieses soll Aufschluss über die Konkurrenzsituation der Bäder und Thermen im Norden geben. Erste Ergebnisse werden im kommenden Monat vorliegen.

"Wir müssen sicher sein, dass wir die richtige Entscheidung treffen", sagte der Minister. Die Bäder- und Thermenlandschaft in Schleswig-Holstein sei nach den Daten des Tourismusverbandes im Grunde gesättigt. Man wolle mit Hilfe der Gutachter in Erfahrung bringen, ob sich die Thermen gegenseitig die Kunden wegnähmen. "Wir dürfen keine Situation herbeiführen, in der für die Stadt Defizite auflaufen, die die Stadt nicht tragen kann." Das neue Gutachten über die Konkurrenzsituation, so de Jager an die Adresse der Schleswiger Kommunalpolitiker, "gibt auch Ihnen ein Stück Sicherheit".

Die diplomatischen Worte waren offensichtlich mit Bedacht gewählt. Denn dem Minister dürfte nicht entgangen sein, dass die Schleswiger CDU das neue Gutachten als "überflüssig" gebrandmarkt hat. Bereits im Januar hatten ihre Vertreter erklärt, dass alle vom Minister gewünschten Daten seit langem vorlägen. Bei dem Projekt handele es sich nicht um ein weiteres Spaßbad, sondern um eine Gesundheitstherme, und so etwas gebe es im gesamten Norden nicht. Ortsverbandsvorsitzender Frank Neubauer bekräftigte jetzt gegenüber de Jager: "Um etwas Vergleichbares zu finden, muss man bis nach Brandenburg fahren." Doch verfügt die Schleswiger Therme mit ihrer Ausrichtung auf Gesundheit tatsächlich über ein Alleinstellungsmerkmal, das einen Erfolg garantiert? De Jager wirkte nicht überzeugt - und schilderte, dass sich die Gutachter explizit auch mit der Angebotsstruktur beschäftigen sollen: "Sind die Thermen trotz unterschiedlichen Angebots dennoch Konkurrenten?" Er verwies auf die Situation in Flensburg. Das neue Campusbad nehme der Therme in Glücksburg ein Drittel der Kunden weg.

Allerdings: Den Thermengegnern, die in dem neuen Gutachten den Anfang vom Ausstieg des Ministeriums aus dem 31,3-Millionen-Euro-Projekt sehen, nahm de Jager ebenfalls den Wind aus den Segeln: "Ich habe nicht die Absicht, ein Gutachten in Auftrag zu geben, um ein Projekt zu versenken." Vor dem Hintergrund, dass jeder Landeszuschuss in Höhe von mehr als einer Million Euro den Finanzausschuss des Landtags passieren müsse, sei es wichtig, im Vorfeld möglichst viele Fragen zu klären.

Vor dem Minister-Auftritt hatte Frank Neubauer die Bedeutung der Therme für Schleswig unterstrichen. Akribisch schilderte er die vor sechs Jahren begonnene Entwicklung des Projekts. Zu Beginn sei die Therme von allen im Rat vertretenen Parteien gewollt und unterstützt worden. Ohne Veränderungen werde Schleswig bis zum Jahr 2020 etwa zehn Prozent seiner Einwohner verlieren. Sollte der neue Stadtteil auf der Freiheit inklusive Therme erfolgreich entwickelt werden, könne man den Einwohnerverlust auf sechs Prozent begrenzen. Der Vorsitzende der CDU-Ratsfraktion, Holger Ley, monierte die Dauer des Verfahrens. "Was wir nicht brauchen, ist eine Ministerialbürokratie, die uns Knüppel zwischen die Beine wirft." Kritik übte er an Bürgermeister Thorsten Dahl. Ley schilderte, dass das Wirtschaftsministerium einen Teil seiner Informationen nur aus der Presse erhalte, "da es keine Kommunikation zwischen Bürgermeister und Ministerium gibt. Wir haben eine Verwaltungsspitze, die ihre Aufgaben nicht wahrnimmt."

Völlig untätig scheint Dahl jedoch nicht zu sein. Wie Neubauer berichtete, habe der Bürgermeister die Politiker für die kommende Woche zu einem nichtöffentlichen Treffen eingeladen, um über ein Schreiben an das Wirtschaftsministerium zu informieren. Inhalt: Die Stadt will jetzt beim Land offiziell Fördergelder für die Therme beantragen - bis zu 9,8 Millionen Euro.

Dirk Jennert


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