Ferienresorts, Erlebnisbäder, Einkaufszentren - eine Millionen-Abzocke?

Keitum Therme

Presse Keitum Therme, Sylt-Ost (Planung: Uwe Deyle)


Quelle: shz.de 05.02.2009

Das Ende der Spaßbäder in Schleswig-Holstein?

In Glücksburg droht einer das Aus, in Keitum auf Sylt wird eine andere vielleicht nie fertig. Die Thermen und Spaßbäder in Schleswig-Holstein stecken in der Krise - und die Gemeinden drohen, den Betreiber zu verklagen.

Keitum Therme

Sylts berühmteste Baustelle liegt am grünen Kliff in Keitum: Dort sollte eigentlich vor einem Dreivierteljahr eine Therme eröffnet werden. Weil sich alle Beteiligten, von der Gemeinde über die Baufirma bis zum Projektplaner aber immer wieder in die Haare bekamen, steht auf dem Grundstück mit Blick aufs Watt nur ein Rohbau. Die Gemeinde beschloss deshalb im Dezember vor Gericht zu ziehen.

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- Im April dieses Jahres sollte sie ihren ersten Geburtstag feiern: Die Therme auf dem Grünen Kliff im Sylter Friesendorf Keitum. Stattdessen steht auf dem Sahne-Grundstück am Wattenmeer noch immer nur ein Rohbau zweifelhafter Qualität und die Gemeinde hat im Dezember beschlossen, Klage gegen den Planer der Wellness-Anlage, Uwe Deyle aus Stuttgart, einzureichen.

Das "Desaster Keitum Therme" (wir berichteten) geht also in neue Runden - und in denen sieht sich Deyle neuen Gegnern gegenüber. Mit der Kommunalwahl im Mai wurde die Fusion der Gemeinde mit der Stadt Westerland beschlossen und die thermenkritische Wählergemeinschaft SWG löste die CDU als stärkste Fraktion ab. Die SWG holte den Fusionspartner mit ins Boot und begann, das als Public-Private-Partnership gestartete Pleiten-, Pech und Pannenmodell zu analysieren. Dafür gab es Lob vom Bund der Steuerzahler - und erschreckende Erkenntnisse: Bis zu diesem Zeitpunkt waren nämlich bereits 8,5 Millionen Euro an Deyles Betriebsgesellschaft geflossen, weitere Zahlungen zugesagt und zwei Millionen in einem Schiedsgerichtsverfahren ausgegeben worden. Und das alles, obwohl der Rohbau bestenfalls 3,5 Millionen Euro wert sein dürfte.

Dazu kam es, weil die Zahlungen an einen vorab vereinbarten Zeitplan und nicht an den Baufortschritt gekoppelt waren. Wegen fehlender Genehmigungen, Streit um die Gestaltung der Gebäude, angeblich oder tatsächlich ausgebliebenen Zahlungen und nachträglichen Preiserhöhungen der Baufirma wurde so zwar viel gezahlt, aber wenig bis gar nicht gebaut. Ein Baustopp jagte den anderen.

Ein vom nordfriesischen Landrat eingeschalteter Kieler Anwalt empfahl den im Mai gewählten Gemeindevertretern und ihren Westerländer Kollegen im Sommer 2008 den Ausstieg: Am 31. Juli wurde die Kündigung aller Verträge mit Deyle beschlossen. Der bezeichnete diesen Schritt "als schlechteste aller Entscheidungen" und forderte in verschiedenen Gesprächen - zusätzlich zu dem bisher ausgegebenen Geld - mal sieben, mal neun Millionen Euro für seinen Ausstieg aus dem ursprünglich einmal auf 15 Millionen Euro veranschlagten Projekt.

Gleichzeitig weigert sich Deyle bis heute, die Vertragskündigungen wirklich anzuerkennen und untersagt den Syltern den Zugang zur Baustelle. So verhindert er, dass Gutachter die Qualität des jetzt im zweiten Winter vor sich hin rottenden Rohbaus prüfen. Dabei ist eine solche Bewertung Grundlage für alle weiteren Entscheidungen.

Kurz nachdem die Gemeindevertretung im Dezember die Klage auf Herausgabe der Fläche und Anerkennung der Kündigungen beschlossen hatte, kam plötzlich Bewegung in die Angelegenheit: Deyle machte ein Vergleichsangebot. Dieses wurde vorgestern von den Verantwortlichen der seit 1. Januar fusionierten Kommunen abgelehnt. Petra Reiber, bis zur Wahl Ende März beauftragte Verwaltungschefin der neuen Gemeinde Sylt, erklärte gestern: "Wir machen jetzt einen eigenen, mit der Politik abgestimmten Einigungsvorschlag, und wenn Deyle darauf nicht kurzfristig eingeht, reichen wir Ende Februar oder Anfang März Klage ein."

ULRIKE BERGMANN


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