Ferienresorts, Erlebnisbäder, Einkaufszentren - eine Millionen-Abzocke?

Erlebnisbad Käpt'n Nemo in Seiffen

Presse Erlebnisbad Käpt'n Nemo Seiffen


Freie Presse Online 18.12.1999

SEIFFEN: Spaßbad zum zweiten Mal eröffnet

Neues Konzept und höhere Preise - Bürgermeister Glöckner restlos entmachtet

(GT). Zum zweiten Mal innerhalb von 15 Monaten erlebte das erste pleite gegangene Erlebnisbad in Sachsen, das Spaßbad Seiffen, am Donnerstagabend seine Eröffnung. Während es sich örtliche Prominenz und immerhin auch 150 Einwohner nicht nehmen ließen und getreu dem Motto der neuen Betreiber "Eintauchen, Abtauchen, Auftanken" gratis in die warmen Fluten eintauchten, waren an der Misere Beteiligte wohl vorsichtshalber abgetaucht.

Selbst von den angekündigten "Vertretern der Regierung in Chemnitz" ließ sich niemand blicken. Hoffnung aufgetankt haben die Seiffener, deren Bad fast nur noch für Negativ-Schlagzeilen sorgte. Viele glauben jedoch, dass die neuen Betreiber nicht wissen, auf welches Wagnis sie sich eingelassen haben. Wenig Verständnis gab es auch für die leicht erhöhten Eintrittspreise.

Geschäftsführer Dieter Behrmann aus Hagen, der der neu gegründeten Tourismus Seiffen GmbH - einer 100-prozentigen Tochter der Gemeinde - vorsteht, ist Realist. Er habe schon 1992 in einem Gutachten für die sächsische Regierung den Standort Seiffen für ein Erlebnisbad als ungeeignet eingestuft, sagte er. Dass er sich als Planer, Bauherr und Betreiber von Freizeitanlagen in ganz Deutschland sowie von Erlebnisbädern u.a. in Magdeburg und Sellin dennoch auf das Wagnis einlässt, sei zum einen eine Herausforderung und zum anderen auch dadurch entstanden, dass er ohnehin schon im Regierungsbezirk Chemnitz als Privatinvestor für das künftige Erlebnisbad Burgstädt tätig ist.

Seiffen sei zwar wegen der Abgeschiedenheit ein äußerst ungünstiger Standort und habe so populäre Einrichtungen wie Marienberg und Geyer vor der Nase, doch er glaube dennoch, dass auch hier pulsierendes Leben einziehen könne. "500 Gäste am Tag sind aber unrealistisch, und wir werden bestimmt noch einige Zeit rote Zahlen schreiben." Die derzeit bei 80.000 Mark im Monat liegenden Betriebskosten ließen sich aber nach Ansicht des Geschäftsmannes und Inhabers von insgesamt 25 Firmen auf fast 20.000 Mark senken. "Warum müssen abends die Frauen bei 31 Grad sauber machen?"

Da in den vergangenen Wochen täglich nicht mehr als 50 bis 100 Besucher kamen, er aber eigentlich jeden Tag 300 braucht, müsse über ein völlig neues Marketing, über Animationsprogramme, Aktionen und gemeinsame Veranstaltungen mit dem zum Bad gehörenden Haus des Gastes nachgedacht werden.

Der vor Ort eingesetzte neue Leiter beider Einrichtungen, Wilfried Gersching aus Halle, konnte zur Eröffnung zumindest schon mal sein "Programm 2000" präsentieren, das Veranstaltungen wie Mitternachtssaunen, Großmuttertage, Diskopartys sowie im Haus des Gastes jede Menge Schlagerveranstaltungen, Muttertag, Pfingsttanz, Sommernachtsfest, Eröffnung eines Biergartens und Weiteres verspricht. Ob das reicht, bleibt abzuwarten. Obwohl Behrmann drei Monate "Probezeit" hat, werde er im März auf keinen Fall das Handtuch schmeißen, sondern einen Pachtvertrag auf zehn Jahre mit der Gemeinde eingehen, die entgegen anderen Gerüchten weiterhin Inhaber des fast 30-Millionen-Mark-Objektes bleibt. Die Gemeinde dürfe erst nach Ablauf der Fördermittel-Bindungsfrist nach 25 Jahren das Bad für den symbolischen Preis von einer Mark an den Pächter veräußern.

Während man in Seiffen feierte, gab es im Regierungspräsidium ein Gespräch mit dem suspendierten Seiffener Bürgermeister Johannes Glöckner. Dieser hat beim Verwaltungsgericht Chemnitz mit einem entsprechenden Antrag dagegen geklagt, dass der Vertrag mit dem vom Landratsamt eingesetzten Zwangsverwalter der Gemeinde, Bernhard Apfel, bis Februar verlängert wurde. Nach Ansicht Glöckners habe Apfel seine Aufgaben erfüllt, und es bestehe keine Veranlassung für die Verlängerung; vielmehr habe er, Glöckner, inzwischen dazugelernt. Das Gericht wird nächste Woche seine Entscheidung treffen.

Johannes Glöckner wird aber dennoch nicht auf seinen Stuhl im Rathaus zurückkehren können. Denn zu Wochenbeginn wird ihn ein Schreiben des Landrats erreichen, das ihm alle Amtsgeschäfte verbietet, er darf also auch keine repräsentativen Aufgaben mehr wahrnehmen. Als Begründung werden eine Reihe disziplinarrechtlicher Verfehlungen aufgeführt; die Ergebnisse der staatsanwaltlichen Ermittlungen liegen noch nicht vor.


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