Ferienresorts, Erlebnisbäder, Einkaufszentren - eine Millionen-Abzocke?

Thermalbad Bad Oldesloe

Stormarner Tageblatt 30. September 2006

Arbeit und Impulse durch Therme

Die Gewerbesteuer fließt, Arbeitsplätze wurden geschaffen, Hoteliers und Gastwirte profitieren - für Bad Wilsnack hat das Thermalbad Vorteile gebracht. Ein Beispiel für Oldesloe?

Bad Oldesloe

- Dietrich Gappa lächelt milde, aber in der Sache sind die Aussagen des Bürgermeisters von Bad Wilsnack klar und eindeutig. Die Oldesloer CDU hatte ihn eingeladen, um seine Erfahrungen mit einem Thermalbad zu hören. Im Dezember 2000 wurde in der brandenburgischen 3000-Seelen-Gemeinde ein Gesundheitsbad eröffnet. Das Fazit des Bürgermeisters: "Wir sind mehr als zufrieden." Die Besucherzahlen stimmen, die Gewerbesteuer sprudelt, es sind mehr Arbeitsplätze entstanden als erwartet, und das 16 Millionen Euro Bad strahlt auf den Ort ab: Hotels florieren, die Gastronomie ist zufrieden, Bürgermeister Gappa selber ist unter die Vermieter gegangen und bietet Ferienwohnungen an.

Sportliches Vereinsschwimmen? "Das rechnet sich nicht, damit bekommen sie das Bad nicht voll", stellt er unmissverständlich klar. Schulschwimmen? Dietrich Gappa winkt ab: "Wir rücken heute lieber etwas mehr Geld für die Schule raus. Dann fahren die Kinder 20 Kilometer zum Schwimmen in den Nachbarort." Die kriminelle Vergangenheit des Betreibers? "Ist bekannt, aber was er in jüngster Zeit gemacht hat, ist in Ordnung." Deswegen habe die Gemeinde auch lange recherchiert und sich bei den Vertragsverhandlungen ein Vierteljahr Zeit gelassen. Soziale Eintrittspreise? "Solange der Besucherstrom nicht darunter leidet, bin ich für Gewinn." Die Einnahmen fließen allerdings nicht ins Stadtsäckel, sondern seien zweckgebunden: Entweder werden Kredite getilgt oder weiter ins Bad investiert. Und Bad Wilsnack investiert. Dietrich Gappa: "Meiner Frau rede ich aus, dass die Stube alle fünf Jahre renoviert wird, aber ein Bad muss öfter als fünf Jahre erneuert werden." Beim Punkt Eintrittspreise räumt er ein, dass die Gemeinde einen Fehler gemacht und sich kein Mitspracherecht gesichert habe. Deshalb konnten der Preis für eine Jahreskarte auch kurzerhand fast verdoppelt werden. Aber solange das Bad Gewinne abwirfe . . .

Bad Wilsnack gehört zu Europas am geringsten besiedelten Regionen, liegt aber strategisch günstig an der Bahnlinie Hamburg-Berlin. Badegäste kommen mit dem Zug, mit Bussen oder in Pkw. Viele blieben nicht nur ein paar Stunden, sondern buchten gleich für ein Wochenende oder eine ganze Woche. 450 Besucher braucht das Bad täglich, um wirtschaftlich arbeiten zu können; im Schnitt kommen gut 800 Gäste.

Im strukturschwachen Brandenburg fließen üppige Fördermittel. Die Gemeinde musste nur für ein Drittel der Baukosten aufkommen. Dietrich Gappa mach keinen Hehl daraus: "Der erleichtert einem die Entscheidung natürlich."

Zwei Tipps hatte der Brandenburger für die Oldesloer. Sie sollen den Gesundheitsbereich auf keinen Fall vernachlässigen und darauf achten, dass sich der Architekt nicht mit einem Badetempel verwirklicht.

Im Rathaussaal waren an diesem Abend wenig Befürwortet eines Thermalbades. Die Mehrheit war gegen das Projekt und entsprechend wehte Susanne Pöhls, Uwe Wilken und Rainer Fehrmann heftiger Wind entgegen. Die drei mühten sich redlich, konnten aber kaum jemandem für sich gewinnen.

Was ist, wenn die Besucherzahlen nicht erreicht werden oder der Betreiber pleite geht? Verschenkt die Stadt nicht das Thermalbad, wenn sie sich zur Zahlung von jährlich 600 000 Euro über 30 Jahre verpflichtet? Kann sich die Stadt ein derartig großes Objekt leisten? Ist die Oldesloer Politik überhaupt in der Lage, ein solch anspruchsvolles Projekt zu handhaben, nachdem gerade das Trave Center geplatzt ist? Sind wirklich alle Möglichkeiten des bestehenden Bades ausgereizt?

Uwe Wilken, Vorsitzender des Sozialausschusses, beschönigte die Situation nicht: "Das Thermalbad ist mit Risiken behaftet, aber ohne ein Risiko einzugehen, kommen wir nicht voran." Er habe eine Vision für Oldesloe, wolle die Stadt voranbringen und etwas Schönes schaffen. Finanzausschuss-Vorsitzende Susanne Pöhls stellte klar, dass die Zahlungsverpflichtungen der Stadt erst nach ordnungsgemäßer Bauabnahme beginnen. Daher werde es keine Bauruine geben. Für den Fall einer Insolvenz des Betreibers werde sich die Stadt grundbuchlich absichern und zudem über einen Beirat ihr Mitspracherecht sichern. Um ein wirklich attraktives Bad zu schaffen, reiche die Fläche nach Aussage von Gutachtern am alten Standort nicht aus. Die Sachverständigen hätten auch errechnet, das selbst nach einer Modernisierung der Zuschussbedarf kontinuierlich steigen werde. Deshalb sei es sinnvoller, eine geringere Summe in ein deutlich besseres und attraktiveres Bad zu investieren. Nach 30 Jahren bekomme der Betreiber das Bad nicht geschenkt, es falle an die Stadt zurück. Heiterkeit löste Rainer Fehrmann aus, als er Dietrich Gappa zum Abschied zuversichtlich einen Gutschein für den Besuch im Oldesloer Thermalbad schenkte.

Andreas Olbertz

Presse Therme Bad Oldesloe

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