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Thermalbad Bad Oldesloe

Stormarner Tageblatt 16. September 2006

"Wie kann man nur so unsensibel sein?"

Der Bürgermeister bezieht Stellung. Klar, verständlich und schön bunt - so rührt er mit einem Faltblatt die Werbetrommel für das Thermalbad. Bei den Parteien stößt er damit auf ein ganz unterschiedliches Echo.

Bad Oldesloe

- Aus seiner Meinung in Sachen Thermalbad hat Bürgermeister Tassilo von Bary nie einen Hehl gemacht. Jetzt hat er das ganze zu Papier gebracht. Die Reaktionen der Fraktion reichen von "Mehr davon" bis zu blankem Entsetzen und Rücktrittsforderungen.

Die Zustimmung kommt, nicht ganz unerwartet, von der CDU. Fraktions-Chef Matthias Rohde: "Das macht einen sehr ansprechenden Eindruck. Man kann natürlich darüber diskutieren ob es mit dem Interview und der Familie so glücklich gewählt ist, aber inhaltlich kommt rüber, dass es darum geht, über Oldesloes Zukunft nachzudenken." Das Thermalbad sei ein vom Bürgermeister angeschobenes Projekt. Warum solle er sich deshalb jetzt verstellen oder mit seiner Meinung hinterm Berg halten. Rohde geht sogar noch einen Schritt weiter: "Es ist nicht Aufgabe des Bürgermeisters auf Stadtfesten zu singen, sondern Fakten zu liefern und Entscheidungen vorzubereiten. Das sieht die Gemeindeordnung so vor."

Rohde lobt das Papier des Bürgermeisters: "Da werden die Fragen, die die Bevölkerung hat, in verständlicher Weise beantwortet. Endlich kommen wir weg von dieser emotionalen Diskussion und bekommen Fakten geliefert." Es werde nichts Angreifbares vermittelt. Als Beispiel nennt er die Eintrittspreis-Debatte. Seitens der Initiative werde immer behauptet diese würden steigen - auf ein Niveau, das sich Familien nicht mehr leisten können. Das sei ganz klar falsch und Stimmungsmache. Rohde: "Wer nur schwimmen will, wird das auch zukünftig können und das könnte sogar noch billiger werden."

Alle anderen Oldesloer Parteien haben eine gegensätzliche Auffassung. Am deutlichsten wird, auch das kommt nicht unerwartet, Grünen-Chef Dr. Gerold Rahmann: "Ich bin bislang ein wohl gesonnener Bary-Unterstützer, aber das geht gar nicht. Er wird jetzt ja langsam sportlich und tritt der Bürgerinitiative in den Hintern. Dabei hatten wir uns alle so schön geeinigt, und jetzt haut er so ein Ding raus, ohne uns zu fragen. Wie kann man nur so unsensibel sein?" Rahmann liest in dem Papier keine Fakten, sondern das genaue Gegenteil: "Der Bürgermeister operiert mit Zahlen, die nicht verifizierbar sind, das sind Luftschlösser, denen ich nicht glaube."

Der Grüne sieht den Bürgermeister in der Pflicht, neutral zu bleiben. "Es geht um die Stadt und nicht um eine einzelne Richtung." Er will deshalb über die Kommunalaufsicht prüfen lassen, ob der Flyer zulässig sei.

SPD-Fraktions-Vorsitzender Hagen von Massenbach ist sonst eher ein Mann der leisen Töne, auch er wird deutlich: "Moralisch ist das eine absolute Schweinerei, ein echter Skandal." Er fordert sogar den Rücktritt des Bürgermeisters als Gemeindeabstimmungsleiter. "Das ist keine Infobroschüre, sondern zielt voll und ganz auf das Thermalbad. Damit ist seine Unparteilichkeit nicht mehr gegeben." Doch genau die fordere das Gesetz.

Die SPD will wissen, woher die Mittel für die Erstellung und die Verteilung der Mini-Broschüre kommen. Hagen von Massenbach: "Es kann doch nicht sein, dass die Initiative Spenden sammeln muss, am Ende sogar mit einem Minus da raus geht und auf der anderen Seite die Stadtkasse leer geräumt wird." Seine Fraktion denke über eine Dienstaufsichtsbeschwerde nach.

"Ich bin von Tassilo von Bary als Mensch enttäuscht", gibt von Massenbach unumwunden zu: "Er gibt zwar immer vor, unparteilich zu sein, aber damit hat er die Ehrenmitgliedschaft in der CDU gewonnen."

Anita Klahn von der FDP fragt: "Was macht denn der Bürgermeister da? Er soll sachliche Informationen rausgeben, damit die Bürger nach ihrem Gusto zur Abstimmung gehen können. Mit dem Heft habe der Bürgermeister schriftlich und öffentlich bekundet, dass er nicht neutral ist." Auch formal fällt ihre Kritik vernichtend aus: "Da führt der Bürgermeister also quasi mit sich selber ein Interview - das ist doch wohl nur noch schrecklich. Da ist nichts Neues drin. Das finde ich dem Bürger gegenüber unverantwortlich."

Der Haushaltsansatz für Marketing solle mal eben verdoppelt werden, aber alle anderen freiwilligen Leistungen stünden auf dem Prüfstand. Deshalb will die Liberale wissen: "Wer hat das bezahlt? Wer hat den Bürgermeister dazu ermächtigt? Hätte er das den Politikern nicht mal vorstellen müssen?"

Birgit Papke-Seutter von der Initiative Pro Hallenbad, die das Bürgerbegehren angestrengt hat, ist verärgert: "Von Tassilo von Bary erwarte ich in seiner Eigenschaft als Bürgermeister und vor allem als Abstimmungsleiter Neutralität." Daran mangele es dem Flyer. "Mit keinem Wort wird auf die Vorteile des bestehenden Hallenbades hingewiesen, kein Wort zu dem für uns Bürger ungünstigen Standort des Thermalbades, kein Wort zu den hohen Eintrittspreisen, die uns in Zukunft erwarten, keine Wort zu den Kosten des Schülertransports", listet sie ihre Kritikpunkte auf. Ihr ist schleierhaft, wie der Prospekt aus einem Etat finanziert werden kann, über den erst am 8. Oktober entschieden wird. Birgit Papke-Seutter: "Es ist undenkbar, dass unbürokratisch 2 000 Euro für soziale Projekte wie beispielsweise den Drachenturm locker gemacht werden. Da heißt es sofort: ‚Es ist kein Geld da‘."

Andreas Olbertz

Presse Therme Bad Oldesloe

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