Ferienresorts, Erlebnisbäder, Einkaufszentren - eine Millionen-Abzocke?

Saunatherme / Schwimmbad Ludwigsfelde

Quelle: Märkische Allgemeine 10.03.2006 / Teltow-Fläming

Stromkrieg an der Fichtestraße

Stadt und Bad-Bauer streiten sich um Kosten für Elektroanschluss

JUTTA ABROMEIT

LUDWIGSFELDE Das neue Bad in Ludwigsfelde lässt bei seiner inzwischen zehn Jahre währenden Entstehungsgeschichte kaum eine Verzögerungsmöglichkeit aus. Nach Streitereien mit Land und Kreis, nach Haushaltssperren und Fördermittel-Änderungen drohte jetzt ein Stromkrieg die Eröffnung am Ostersonnabend zu gefährden.

Bis gestern früh lief auf dem gerade freigeschalteten Stromanschluss fürs Schwimm- und Gesundheitszentrum (SGCL) an der Fichtestraße "die Abnahme auf null". Das sagte Hans-Werner Koch, Geschäftsführer der Stadtwerke Ludwigsfelde, gestern der MAZ.

Kämmerer hält Rechtslage für eindeutig

Er ist offenbar neben Stadtkämmerer Frank Gerhard (SPD) einer der wenigen, der nicht springt, wenn Heinz Steinhart, Chef der Kristall-Bädergruppe mit bisher elf Bädern in Deutschland, mit dem Finger schnippst. Gestritten wird um 164000 Euro - sind sie im Pauschalvertrag über die Netto-Bausumme von 15,5 Millionen Euro enthalten oder nicht? "Wir haben bei unserer Berliner Anwaltskanzlei angefragt. Die hält die Rechtslage für eindeutig, der Strom ist dabei", sagt Gerhard.

Die Stadt ist Bauherr und 20 Jahre lang Eigentümer des entstehenden Bades. Die SGCL GmbH ist Generalauftragnehmer und künftiger Pächter. Die Stadtwerke hatten auftragsgemäß den Stromanschluss gelegt, doch es bezahlte ihn niemand. "Also konnten wir den Strom nicht anschalten. Das geht erst, wenn der Kunde gezahlt hat. Alles andere wäre für die Stadtwerke ein Selbstmordgeschäft. Denn nach dem Einschalten hat der Netzbetreiber keinerlei juristische Handhabe mehr gegen Säumige."

Steinhart ist so wütend, dass er mit einer Presseerklärung drohte. Darin lässt er schreiben, das Kristall-Bad "wird nicht nur ohne Badehose eröffnet, sondern auch ohne Strom. Die Stadtwerke weigern sich, dem Bad Strom zu liefern." Neben Koch wird auch Kämmerer Gerhard in dem Papier namentlich angezählt. Sofort zu bezahlen, lehnt Steinhart ab, weil er bezweifelt, dass er "das Geld jemals von der Stadt wiederbekommt". Das alles, obwohl Steinhart "für die Stadt mehr als genug Vorleistungen erbracht" habe. Er führt auf: "Zu Lasten des Baukontos wurden der Stadt allein eine Million Euro für Fehlplanungen der Stadt zur Verfügung gestellt. Zuschüsse durch das Arbeitsamt für neu eingestellte Mitarbeiter wurden zugunsten der Stadt abgetreten und vieles andere mehr." Damit reiche es wirklich, meint Steinhart.

Wagner wundert sich über Arbeit bei Frost

Außerdem kündigt der Kristallbäder-Chef an, dass er Schaden wegen späterer Eröffnung gerichtlich gegenüber der Stadt geltend mache - in Bayern, wo die SGCL ihren Sitz hat. Am Ende lässt Steinhart erklären: "Man merkt deutlich, dass Bürgermeister Scholl durch seine Krankheit im Rathaus fehlt."

Inzwischen haben sowohl die Stadt als auch Steinhart jeweils rund 82000 Euro bezahlt, damit der Stromanschluss freigegeben werden konnte. "Aber wir klagen das Geld bei Steinhart ein", sagte Kämmerer Gerhard der MAZ. Doch nicht nur der Strom sorgt für Aufregung vor dem Eröffnungstermin. Zur Bauausschuss-Sitzung vorgestern meldeten die Stadtverordneten Günther Leschke (Bürgerinitiative) und Michael Wagner (CDU), die selbst Baufachleute sind, Bedenken in puncto Ausführung an. "Wenn ich sehe, dass bis minus acht Grad an den Fassaden gearbeitet wird - das werden Leistungen, die in Regress fallen, das weiß jeder Fachmann", so Wagner. Er habe im Beckenbereich Rohrdurchbrüche nach draußen gesehen, an denen auch bei Frost gearbeitet worden sei. Wagner sagte, fünf Jahre Gewährleistung seien schnell um.

"Und ohne Nachweis hat man es juristisch im Nachgang schwer. Jede ordentliche Firma verweigert bei solchen Temperaturen Außenarbeit. Wie schützen wir uns als Stadt?", fragte er. Im schlimmsten Fall liefen Regressforderungen ins Leere, wenn die Betreiberfirma Insolvenz anmeldete, mahnte Wagner. Das nehme die Stadt ernst und veranlasse genaue Kontrollen, sicherte Wilfried Thielicke zu, der Sachgebietsleiter für Stadtentwicklung.