Ferienresorts, Erlebnisbäder, Einkaufszentren - eine Millionen-Abzocke?

Titania Therme Neusäß (Uwe Deyle)

Presse Titania Therme Neusäß (Betrieb: Uwe Deyle, Stuttgart)


Süddeutsche Zeitung 17.03.2001

Bäderwelle schwappt über Schwaben

Der Konkurrenzkampf mit Thermalwasser, Saunen und spektakulären Rutschen wird rund um Augsburg immer härter

Von Dieter Baur

Augsburg - Als jüngster Höhepunkt in der schwäbischen "Wasserschlacht" wurde am Freitag das Freizeit- und Erlebnisbad "Titania" in Neusäß bei Augsburg eröffnet. Es ist fürs erste die spektakulärste Einrichtung im härter werdenden Konkurrenzkampf in der Bäderlandschaft Schwabens. Weitere Großprojekte sind in Planung. Im "Titania" leistet sich Neusäß, was sich heutzutage nur mehr eine ausgesprochen reiche Kommune leisten kann. Die Stadt hat in den vergangenen zehn Jahren Vorhaben im Wert von 200 Millionen Mark fast ausschließlich aus Rücklagen bezahlt. Auch die 35 Millionen fürs "Titania" werden ohne jede Kreditaufnahme finanziert. Für den "Erlebnispark der Superlative" schaute sich Bürgermeister Manfred Nozar in der ganzen Welt um. Er reiste zum Ärger der heimischen Handwerker bis nach Marokko, um Fliesen zu ordern und Fliesenleger zu verpflichten. Und er begutachtete in Finnland Saunen, von denen es elf an der Zahl im "Titania" gibt - neben den orientalischen Dampfbädern. Am Rande der Innen- und Außenbecken im Erlebnisbereich liegt als Attraktion ein Piratenschiff, gebaut in einer Werft am Ammersee. Mutige Badegäste können sich - je nach Laune - mal in eine Trichterrutsche stürzen und mal in eine Rutsche in Form einer Achterbahn.

Am Tag der offenen Tür kamen bereits 25 000 Neugierige. Bürgermeister Nozar rechnet künftig mit 240 000 Besuchern pro Jahr. Im Einzugsgebiet liegen freilich beachtliche Konkurrenten. Vor allem das Neu-Ulmer "Atlantis". Das über 40 Millionen Mark teure Erlebnisbad mit 13 Saunen wurde im Dezember 1998 eröffnet und konnte im Juni 2000 bereits den millionsten Besucher begrüßen. Etwas hat das Neu-Ulmer "Atlantis" sogar dem Neusässer "Titania" voraus: Thermalwasser, für das die Städte Ulm und Neu-Ulm 1036 Meter tief bohren ließen. So weit möchte auch der Betreiber des "Titania" kommen, der Stuttgarter Uwe Deyle. Allerdings nicht in Neusäß, sondern in Königsbrunn südlich von Augsburg. Deyle führt dort die "Königstherme", die eine Neuausrichtung in Richtung "Wellness" erfahren soll. Dafür plant die Stadt Königsbrunn eine Tiefenbohrung. Wenn es klappt, will der Betreiber eine Kombikarte mit Neusäß anbieten - so lassen sich, hofft Deyle, die Besucherströme am besten steuern.

Inzwischen läuft auch in Friedberg im Osten von Augsburg eine Ausschreibung für eine Bohrung nach Thermalwasser. Und in Bad Wörishofen, nicht einmal 50 Kilometer südlich von Augsburg, ist man bereits auf 37 Grad heißes Wasser gestoßen. Der Friedrichshafener Architekt Josef Wund, der auch die Erdinger Therme gebaut hat, will nun in dem Kneipp-Kurort 40 Millionen Mark in ein neues Thermalbad investieren.


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