Ferienresorts, Erlebnisbäder, Einkaufszentren - eine Millionen-Abzocke?

Titania Therme Neusäß (Uwe Deyle)

Presse Titania Therme Neusäß (Betrieb: Uwe Deyle, Stuttgart)


Augsburger Allgemeine 22.11.2000

Das Beste aus aller Welt für das Erlebnisbad "Titania"

Freizeitanlage in Neusäß kostet 34 Millionen Mark

Neusäß (lig). Die Saunahütten stammen aus Finnland, für das türkische Dampfbad wurden Fliesen aus Marokko angeschafft: Seit eineinhalb Jahren entsteht nordwestlich der Stadt Neusäß im Landkreis Augsburg ein Erlebnisbad. "Titania" wurde das 34-Millionen-Bad genannt, und eindrucksvoll ist schon das äußere Bild: Über einem ausrangierten Fischkutter am Rande des Freigeländes reckt sich der als Leuchtturm gestaltete Turm für die 120 Meter lange Wasserrutsche, die laut Bürgermeister Dr. Manfred Nozar "einmalig in ganz Mitteleuropa" ist. Das Bad soll "etwas Einmaliges sein", betont Nozar: 13 Saunen mit fünf von finnischen Arbeitern gefertigten Hütten und Dampfbäder, ein Erlebnis- und Außenbecken sowie ein fünfbahniges Sportbad.

Für den orientalischen Bereich des Bads fuhr der Bürgermeister mit einem Mitglied der Verwaltung und dem planenden Architekten Rudolf Wienands (München) im März nach Marokko, um vor Ort Fliesen auszusuchen. Eine Reise, die Nozar in die Schlagzeilen brachte. "Wir haben durch den Einkauf von Fliesen für den Hamam in Marokko im Vergleich zum Einkauf bei deutschen Händlern 80 000 Mark gespart", betont er. "Wenn Marokkaner deutsche Autos kaufen, dann beschwert sich niemand", weist er Vorwürfe zurück. Vergleichbare Ware hätte bei marokkanischen Händlern in Deutschland sogar 200 000 Mark mehr gekostet. Überhaupt handle es sich nur um 1000 von insgesamt 4000 Quadratmetern Fliesen. "Der Rest wird von einer deutschen Firma verlegt."

Da die Stadt beim Bau des Bads "übergroßen Luxus" treibe, hat sich, wie unsere Zeitung erfuhr, nicht zuletzt wegen der Fliesen ein Bürger an den Bund der Steuerzahler in München gewandt. Laut Maria Ritch, bei dieser Organisation für den Bereich Kommunales zuständig, hat man sich dort entschieden, nicht gegen Neusäß vorzugehen, "weil derzeit keine Anzeichen auf eine Steuerverschwendung gesehen werden".

Eigens gegründete Gesellschaft

Finanziert wird der Bau jeweils zur Hälfte von der Stadt Neusäß und der eigens gegründeten privaten Sportstätten- GmbH, deren einzige Gesellschafterin die Stadt Neusäß ist.

Ursprünglich auf 30 Millionen Mark veranschlagt, hat sich das Bad um vier Millionen verteuert. Der Grund: Das Planungsbüro meldete Bankrott an, ein neues musste gefunden werden. "Schwierig wurde es, weil das Heizungs- , Lüftungs- und Wassersystem zur Hälfte eingebaut war", so Nozar weiter. Erst eine Firma in Bozen bestand nicht auf kompletter Neuinstallation. "So konnten wir immerhin noch vier Millionen sparen", sagt Nozar. Die Stadt gehe gerichtlich gegen das ursprüngliche Büro vor. Nun verzögert sich die Eröffnung: Statt zum Jahresende 2000 wird nun Mitte März anvisiert.


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